Freitag, 17.06.2016
Es ist gerade 21Uhr vorbei und wir gucken im No-where-Land EM Spanien:Türkei.
No-where-Land in Kroatien out of the city of Kutina mitten in den Weinbergen. Über eins der Onlineportale haben wir von Berlin aus letzte Woche ein Zimmer gebucht auf dem halben Wege nach Montenegro.
Dorthin entführt uns diese Reise, die wir mit dem Jimny diesmal in Minimalausstattung vorhaben.
Jedenfalls sind wir nun nach knapp 1200km unterwegs und heute Abend hier bei sommerlichen Temperaturen mitten in der Idylle im Hinterland von Zagreb gelandet. Ganz alleine für uns haben wir die nette Holzhüttenpension inklusive Grillenzirpen, Weitblick und einem TV fürs EM gucken.
Der Weg durch Österreich, die Steiermark, war noch sehr regennass. Ab Slowenien schien die Sonne und in Kroatien hat´s nun reinsten Frühsommer.
Zu Abend gegessen haben wir mittenmang kroatischer Fans auf der Terrasse eines Lokals mitten in Kutina während das Spiel Kroatien:Tschechien zunächst vielversprechend für die begeisterten Kroaten in ihren rot-weiß karierten Nationaltrikots übertragen wurde.
Es geht uns gut.
Samstag, 18.06.2016
Nach einer Nacht im Outback Kutinas frühstücken wir im Restaurant des vorherigen Abends opulent mit Omelett und hausgebackenem Pizzabrot und begeben uns dann auf die Autobahn und über die Grenze bei Slavonschi Brod nach Bosnien Herzogowina. Von dort über zunächst kleine Straßen, dann über Teilstücken von Autobahnen an Sarajevo vorbei und bei Hum über die Grenze nach Montenegro. Es zieht sich … Kilometer sind´s gar nicht so viele (um die 500km), aber wir brauchen bis abends zum Zielort über 10 Stunden.
Es kündigt sich schon an auf der bosnischen Seite durch Fahrzeuge, die Schlauchboote auf dem Dach schaukeln: die atemberaubende Schlucht der Piva mit Felsfenstern und Steilabfällen.
Ein Paradies für Rafter und Augenweidefetischisten wie uns! Nach einigen Kilometern geht es scharf links ab in Richtung Zabljak und hinein in den Durmitor Nationalpark. Eine ganz andere, jedoch nicht weniger bezaubernde Landschaft entwickelt sich mit jedem gefahrenen Meter: reiche Blumenwiesen in rosa, weiß, lila und gelb, gesäumt von steil aufragenden Felsmassiven, Felsnadeln, Felsformationen. Man kann gar nicht so viel fotografieren wie man Entzückungsschreie ausstößt.
Gegen 19Uhr wirft uns der Nationalpark auf der Straße nach Zabljak aus und das Autokamp Razvrsje nimmt uns auf. Wir bauen unser Zelt auf (was fixtihopsti geht!) und fahren hinein nach Zabljak zum Supermarkteinkauf und Abendschmaus.
Unser Oztent beschützt uns wärmend in dieser Nacht.
Sonntag, 19.06.2016
Morgens weckt uns das Tauwasser im Zelt, das auf die Nase tropft. Wir bauen nach dem Aufstehen noch Seitenwände des (neuen) Zeltes dazu, damit wir in der nächsten Nacht, mehr Lüftungsfenster öffnen können.
Zum Frühstück gesellen wir uns zu zwei deutschen Wanderern, die auch auf mit Zelt unterwegs sind und wir tauschen bei Tee und Joghurt Tipps aus.
Voller Erwartung fahren wir zur Taraschlucht – dem zweitgrößten Canyon der Welt – und sind enttäuscht. Alles grün, alles nett, aber gestern als wir die Pivaschlucht nach dem Grenzübergang entlang gefahren sind, waren wir höchst entzückt und beeindruckt. Der Witz ist, dass die so atemberaubende Pivaschlucht überhaupt nicht in den Reiseführern genannt wird, dagegen die Taraschlucht über den grünen Klee in den Himmel gehoben wird.
Was nett ist, dass eine montenegrinische Hochzeitsgesellschaft zum Foto schießen sich auf der Schluchtenbrücke positioniert …. nett deswegen, weil es auch unser Hochzeitstag ist.
Mittags fahren wir zurück nach Zabljak und bauen, nach einem Fastfoodsnack, auf dem Campingplatz unsere windumtosten Vorderzeltseitenwände wieder ab und stellen unser Zelt in eine bessere Windposition.
Dann suchen wir den Einstieg in die Offroadstrecke nach Tepca und finden ihn nördlich von Zabljak. Es geht entlang von steilen Felswänden, durch dichten Wald, auf schottrigen, schmalen Wegen gut 20km von 1550 Höhenmetern auf 600 Höhenmeter bis zum Fluss Tara hinab und auf dem Rückweg auch wieder hinauf.
Mehrere Stunden gehen dabei ins Land, spannend und teilwiese auch kitzelig. Martin witzelt noch und meint, „wenn mir hier ein Golf-Fahrer begegnet, fall` ich vom Glauben ab!“ und dann trauen wir unseren Augen nicht als mitten im schottrigsten Schotter uns zwei alte Golf 2 entgegen kommen und wir Ausweichmanöver rangieren müssen.
Zurück am Abend in Zabljak gehen wir schön essen: Menü Durmitor: kalte Mettwurst aufgeschnitten zu warmen Kartoffeln mit Butter und Schafskäse. Hört sich nicht spannend an, schmeckt aber gut. Abgerundet mit einem prächtigen Espresso und einem Amaro Montenegro mit Eis und Zitrone.
Als wir zurück auf dem Campingplatz sind, fängt es zu regnen und zu donnern an. Und es steigert sich zum heftigen Wolkenbruch. Alles was Beine hat, rettet sich in die Campingplatzküche, so auch wir mit unserer Pulle Wein unterm Arm. Dann wird es noch ein lustiger Abend im Austausch mit dem deutschen Wanderpärchen. Als der Regen nachlässt nach einer Stunde hüpfen wir unser Zelt und bei stürmischen, am Zelt zerrenden Winden finden wir in den Schlaf.
Montag, 20.06.2016
In der Nacht hat´s noch heftig weiter geregnet. Ein anderes Zeltpärchen musste die Nacht im Auto auf den Sitzen schlummernd verbringen, weil das Billigzelt nicht dicht hielt. Unser Zelt trocknet in der morgendlichen Sonne und wir klettern trocken geblieben hinaus in einen nächsten Urlaubstag.
Gegen halbzehn haben wir gefrühstückt und alles verstaut und fahren erneut die Taraschlucht entlang gen Südost bis Mojkovac. Dort wollen wir eigentlich einen Kaffee schlürfen gehen, und sind sehr beeindruckt von dem gänzlich untouristischen, quirligen Städtchen, das eher orientalisch, russisch anmutet mit dem Monumentalstandbild des Heimathelden. Einen Kaffee gibt es nirgendwo, Bier wird uns am späten Vormittag angeboten … Stromausfall in der ganzen Stadt.
Wir fahren also weiter Richtung Bijelo Polje, das wir links liegen lassen, und landen dann schließlich in Berane. Der erste Eindruck erneuert die russische Prägung der touristenarmen Gegend. Doch das täuscht: Berane hat eine eigene Fu-Zo mit annähernd 20 Cafés. In jedem der chicen Straßencafés sitzen junge, fesche Leute, die sich kaum unterscheiden in ihrem Outfit von der jungen Generation bei uns daheim. Wir genießen einen perfekten Cappuccino und finden dann sogar noch eine Pekara =Bäckerei in der wir für einen Euro ein Bürek (warmer Blätterteig mit Hackfleisch gefüllt) plus einem Trinkjoghurt als Pausensnack erwerben.
Uns treibt dann weiter südlich in Richtung Plav. Dort steigen wir in den „Peaks oft he Balkans Trail“, den bekannten, durch drei Länder führenden Wanderweg, ein und fahren auf grobem Schotter ca. 200 Höhenmeter in einem wunderschönen Tal der albanischen Grenze entgegen. Walderdbeeren, satte Sommerwiesen und der Duft von gemähtem Gras, plätschernder Bach und steile Felswände vollenden die Idylle.
Auf dem Rückweg kehren wir in Plav ein mit dem Versuch doch noch einen Kaffee zu bekommen, aber niente, wieder Stromausfall. Alternativ bestellen wir Limonade und bekommen frisch ausgepressten Zitronensaft: erfrischend und vitaminreich.
Wir haben beschlossen in Kolasin Quartier zu beziehen. Nun gilt es die Strecke dahin zu schaffen: die 71km gehen über die einzige Querverbindung nach Westen, über eine schmale, äußerst kurvenreiche Straße, die hinauf auf 1500m NN führt. Martin muss sich gut konzentrieren, um nicht mit den entgegen kommenden Fahrzeugen zu kollidieren. Aber der Blick auf die uns links begleitenden grauen Riesen Kom Kucki (2487m) und Vasojevicki Kom (2461m) entschädigt die Mühe allemal.
Wir finden ein nettes Hotel in Kolasin und genießen den Abend in der kleinen Stadt, deren muntere junge Bevölkerung die abendlichen Straßen füllt.
Dienstag, 21.06.2016
Frühstück serviert ein sehr beflissener Kellner im Essensraum des Hotels. Sogar Crepes sind dabei!
Als wir gezahlt haben, fahren wir los gen Hauptstadt des Landes nach Podgorica. Wieder eine tolle Panoramastraße mit zigfachen Kurven entlang der Moracaschlucht. Einmal entgehen wir einem Fastunfall, weil Martin geistesgegenwärtig richtig reagiert als er beim Anfahren einer Fotobucht auf der linken Seite einen Überholer fast übersehen hat.
Der Schreck verebbt und schöne Ausblicke und Fotos bleiben. Mittags durchfahren wir Podgorica und trinken dort einen Kaffee von dem Martin hernach meint, dass den auch Lilly hätte trinken können ohne Koffeinschaden zu nehmen – so dünn war der. Die Hauptstadt fesselt uns nicht weiter und so geht der Weg weiter gen Süden.
Das wird der Tag der Panoramastraßen, denn schon biegen wir in die nächste ein, die uns nach Cetinje führt. Cetinje war mal früher Hauptstadt und es stehen noch aus früheren Zeiten alte Botschaftsgebäude herum, die wir aber wegen der enormen Hitze nicht begucken, sondern nur ein Eis und einen Cappuccino in der Stadt schlabbern.
Weiter geht es über die nächste Kurven-Küsten-Schluchten-Straße nach Kotor – hinauf in die Berge und hinab ins Fjord von Kotor.
Einzigartiger Blick auf die Adria.
Bei brüllender Hitze laufen wir ein auf dem netten Autokamp Naluka Morinjo und nachdem wir das Zelt aufgebaut haben – mittenmang die Gruppe der Holländercamper, die wir schon von Zabljak kennen – laufen wir die wenigen Minuten hinein in den kleinen Ort und essen fürstlich bei laufendem Deutschland gegen Wales Spiel in der örtlichen Lokalität.
Mittwoch, 22.06.2016
Morgens ist´s schon ordentlich heiß, so dass der warme Tee gar nicht so mundet. Aber unser kleiner klimatisierter Jimny verspricht uns ein angenehmer Begleiter für den Tag zu werden.
Zunächst geht es wieder um die Bucht von Kotor mitten im morgendlichen Stauverkehr kriechend. Wir schrauben uns nochmal hinauf über die Haarnadelkurven bis zum Einstieg in den Lovcen Nationalpark. Wir zahlen bei Ranger 2€ pro Person und fahren hinauf bis zur Bergspitze auf 1600m Höhe. Die begleitende Landschaft ist nett, lieblich, blühende Maccia auf beiden Seiten. Oben angekommen rangieren wir in einen der winzigen Parkplätze und klettern 450 Betonstufen hinauf … ja wohin? Wir wissen´s auch nicht, und oben angekommen hätten wir können, wenn wir gewollt hätten, das Monumentalmausoleum des nationalen Dichterfürsten Petrovi?-Njegoš,, der bereits vor 150 Jahren starb, für 3€ besuchen. Aber wir wollen gar nicht, wir dachten hier oben gäbe es ein Restaurant. Nur der Cappuccinojieper hat uns hier hoch getrieben. Nun ist´s Sportveranstaltung und Wadentraining und wir tapern wieder 450 Stufen hinab. Als Entlohnung finden wir dann in Spucknähe unseres geparkten Jimny etwas versteckt den Restauranteingang und bekommen auch verdientermaßen einen Cappuccino.
Hinab wieder durch die Nationalparkstraße kommen wir wieder in Cetinje an und kaufen uns in einer Bäckerei ein Stück kalte Pizza als Mittagssnack. Nun geht es weiter südöstlich mit dem Ziel Skutarisee. Eine Ministraße führt uns zunächst zur alten Türkenbrücke in Rijeka Crnojevica , mehr gibt es dort auch nicht zu sehen.
Die weiterführende Straße zum See ist eigentlich einspurig und jedes der wenigen Ausweichmanöver, wenn mal ein Auto entgegenkommt, wird zur Zirkelei. Blühende Maccia auf beiden Seiten der Straße kennzeichnet die Strecke. Die Ausblicke auf die Sumpf- und Schwemmlandschaft der Ausläufer des Skutarisees erinnern an Florida und wir erfinden uns ein Everglades- Propellerboot.
Die Straße wirft uns raus kurz vor Virpazar. Eigentlich wollten wir mal direkt an den See ran. Aber das gelingt nicht. Außerdem empfinden wir Virpazar als zu extrem touristisch ohne was dazu und kehren dem Örtchen schnell den Rücken.
Da wir genug Kurven heute schon gefahren sind, wählen wir für den Weg zur Küste nun den gebührenpflichtigen Tunnel und düsen nach Budva, dem von reichen russischen Gästen geprägten Ort. Wir durchlaufen die durchaus hübsche Altstadt und bewundern die mächtigen Yachten im Hafen, aber dann ist´s genug und wir fahren über die Küstenstraßen heimwärts.
Bibbernd, ob das angekündigte Gewitter auch unsere Handtücher und unser Zelt durchnässt hat, fällt uns der Stein der Erleichterung vom Herzen als wir 10km vor dem Campingplatz entdecken, dass der Regen diese Ecke verschont hat.
Abends gehen wir wieder in das nette Restaurant ein paar Minuten entfernt und haben auch heute wieder ein tolles Essen.
Anschließend gibt´s noch ´ne Sitzrunde bei Kerzenschein vor dem Zelt.
Donnerstag, 23.06.2016
Weil es wieder schon sehr heiß ist am Morgen, lassen wir´s langsam angehen. Gegen halb zehn fahren wir dann nach Perast - in allen Reiseführern angepriesen als Kleinod des Barocks. Wir alten Kunstbanausen können die Begeisterung nicht teilen, sind aber brav und durchlaufen erst am Kai entlang, dann treppauf, treppab im „Kern des Ortes“. Pflicht getan, weiterfahren.
Dann nehmen wir uns Kotor vor und entdecken im üblichen Stau eine Alternative links abzuweichen und auf Schleichwegen einen Parkplatz zu erhaschen. Mit uns gemeinsam haben zwei Kreuzfahrtschiffe angelegt im Hafen von Kotor und wir teilen uns das Städtchen mit Hunderten von Kreuzfahrern, was aber erträglich wird.
Wir durchstreifen das hübsche, alte Städtchen, aber verzichten wegen der Hitze auf die Besteigung der Burgfestung (1300 Stufen sollen es sein!).
Nach knapp 1,5 Stunden tuckern wir weiter an der Westseite der Kotorer Bucht, der unserem Campingplatz gegenüberliegenden Seite. Schöne Ausblicke, andere Atmosphäre als auf unserer Seite.
Wir erreichen die Fähre kurz vorm Ablegen und reisen bei frischer Brise entspannt auf die andere Seite des Fjords. Von da gilt es ab Herceg Novi hinauf in die Berge zu fahren – Richtung Nordwesten- an den Rand des Krivosije Gebirges, das wir queren wollen. Martin ist sich nicht sicher, ob wir auf Schotter treffen werden. Um es vorweg zu nehmen: es wird die vielleicht schönste Schottertour, die bisher mit einem Jimny bisher gefahren sind.
Nach einigen Asphaltkurven warnt uns ein Schild, dass die Straße nach 10km zu Ende sein wird. Schotter beginnt und das nicht zu knapp. Wir kräpeln uns hinauf im Kriechgang über loses Geröll und steile Stufen. Zweimal kommen uns kleine Gruppen von Kindern im Alter von ca. 12 Jahren entgegen, die sportlich, schnell bergab über den Schotter joggen und uns freundlich zu winken.
Angekommen auf 1596m beim Orjen Pass sind die 10km erlaubte Straße erreicht und es gäbe eine Möglichkeit zu wenden. Wir erkunden das Gelände, um herauszufinden, warum man nicht weiterfahren soll/kann/darf. Nach 200m entdecken wir die abgerutschte Straße, die höchstens Enduros eine Weiterfahrt erlauben würde. Doch haben die „Locals“ eine Alternativstrecke gelegt: steil, steinig, kitzelig – eine Umfahrung der eingestürzten Urstrecke.
Also genau das richtige für meinen Martin! Letzte Unsicherheiten löscht ein Local aus, der an der Hütte des Orjen Passes seine Beine in die Sonne hält. Er meint, nur die ersten 1000m sind kitzelig, danach ist die Strecke/Straße ganz easy.
Martin fährt, ich lotse und fotografiere. Er ist cool, ich schwitze. Zum Teil müssen die Räder um durchzukommen nochmal um 10° nach links oder eben rechts gedreht werden. Glückliches Einleiten auf die Urstrecke nach kitzeligem Manövrieren über Geröll und Spitzstein.
Wir hatten oben auf dem Pass zwei deutsche Motorradfahrer getroffen, die es auch wagen wollten: einer mit ´ner GS und einer mit einer R1150 R. Ob die es nun auch gewagt und geschafft haben, werden wir in diesem Leben nicht mehr erfahren.
Nach dem Adrenalinkick geht es dann die nächsten 12km über Schotter und durch Wälder hinab bis Crkvice . Rumpelnd und z.T. kriechend, aber alles gut machbar.
Von den famosen Ausblicken, die auf dem Aufstieg und dem Pass und der Abfahrt uns begleiteten, haben wir noch nichts geschrieben, das sollen die Fotos besser als Worte illustrieren.
Am Abend kommen wir wieder an der weiterhin heißen Kotorküste an, kühlen uns mit einem kleinen Eis und einer Spätsiesta bevor wir zum letzten Mal auf dieser Reise in das nette Restaurant gehen werden.
Freitag, 24.06. und Samstag, 25.06.2016
Der Freitag wird ein Reisetag. Sehr kluge Entscheidung, dass das Duschevent erst nach dem Zeltabbau und dem Zusammenpacken am Morgen vollzogen wird. Wir sind komplett durchgeschwitzt nach der Aktion.
Wir peilen Kroatien, Starigrad an, gute 500km, aber es zieht sich. Wir wählen den Weg über Bosnien-Herzogowina, das Landesinnere.
Ein paar Pausen zwischendurch, Klimaanlage im Auto, Hörbuch und nach 9 Stunden kommen wir an auf dem Campingplatz in Starigrad Paklenica. Ein schöner Platz für unser Zelt, erneute Schwitzaktion beim Aufbau und dann endlich Ruhe und Entspannung.
Den heutigen Samstag widmen wir vollends den geplanten Offroadtouren und Winnetou und Old Shatterhand. Zunächst tanzen wir auf einer der Traumstraßen Europas, der kroatischen Küstenstraße entlang der Adria, bis Karlobag. Nach einem Kaffee dort geht es hinein in den Velebit, hinauf auf gute 1000m Höhenmeter und gleich ist die Temperatur und Luft wesentlich angenehmer! Das tolle Wechselspiel zwischen Weitblicken und Gipfelbewunderung beginnt wieder.
An sich wird dann auch die Schotterstrecke nicht besonders anspruchsvoll, aber sie erlaubt relaxtes Waldfahren mit Wildblumenbegleitung. Einmal wird´s verlangsamt als eine kroatische Familie Wochenendvergnügen zelebriert: alle vier mitfahrenden Kinder dürfen auf dem Autodach bzw. in den Seitenfenstern sitzend die Fahrt genießen. Nach kurzem Anhupen dürfen wir dann aber auch überholen.
Als uns nach knapp zwei Stunden der Schotterweg wieder auswirft auf normale Straße, durchstreifen wir bäuerliches kroatisches, idyllisches Hinterland, wo die Zeit stehen geblieben zu sein scheint.
Mittlerweile ist es Nachmittag geworden und wir haben Hunger und Durst. In Gospic hat noch ein großer Supermarkt auf und wir versorgen uns für das morgige Frühstück, für das abendliche vor dem Zelt sitzen und für den momentanen Appetit. Die Hitze des Tages hat sich zu einem Gewitter zusammengebraut und es blitzt, donnert und schüttet wie aus Kübeln als wir mit unserem Einkauf fertig sind.
Wir warten den gröbsten Regen ab und nutzen die Zeit, Kilian zuhause anzurufen und ihm zu seinem 28. Geburtstag zu gratulieren.
Mit Scheibenwischern und erhöhtem Scheibenfreigebläse geht es dann bis zum Einstieg zum Pass Mali Alan, den wir zum ersten Mal aus dieser Richtung anfahren.
Schöne Kurven, Schotter unter den Rädern, noch immer die Warnungsschilder zu Minen und nur wir … so nähern wir uns wieder einmal dem Winnetoufelsen. Anlässlich des Todes von Pierre Brice im vergangenen Jahr wurde eine Gedenkplatte angebracht. Ansonsten versprüht das Gelände wieder seinen romantischen Charme.
Wir schrauben uns hinab über die Serpentinen, die den Blick auf die Adria eröffnen und bevor wir den Campingplatz ansteuern, suchen wir noch einmal den legendären Rio Pecos – in Wirklichkeit die Zrmanja mit ihrem türkisblauen Schlangenlinien. Dieses Mal finden wir sogar – eher per Zufall – den Schotterweg, der genau zu dem Platz führt an dem die Filmaufnahmen für Winnetou I und die für Old Shurehand gemacht wurden.
Zurück auf dem Campingplatz ruhen wir uns einen Moment aus und entwerfen den morgigen Tag bevor wir diesmal in die Pizzeria am Meer gehen und uns auf das EM-Spiel Kroatien: Portugal einstimmen.
Sonntag, 26.06.2016
Die Zeltabbauaktion verläuft schon sehr abgestimmt, arbeitsteilig und gekonnt. Als wir alles verstaut haben, besuchen wir noch das örtliche Winnetoumuseum durch das uns eine nette Kroatin führt. Das jetzige Museum war in den 60er Jahren das Motel in dem die Schauspieler wohnten während der Dreharbeiten. Etliche Devotionalien und Fotos der damaligen Filmaufnahmen sind zu bewundern.
Gegen Mittag machen wir uns dann auf gen Sveti Juraj. Ca. 40km nach Karlobag steigen wir wieder ein auf die bergwärts führende Serpentinenstraße, die uns zum zweiten Teil unserer geplanten Offroadtour bringt. Wir durchqueren den Velebit-Nationalpark an seiner Grenze, teils auf Asphalt und teils auf Schotter.
Die wieder zum Meer führende Abwärtsstraße spukt uns fast genau bei dem Hotel aus, in dem wir während des Bildungsurlaubs, der heute Abend beginnt, wohnen werden.
Der Dozent, Gerhard Rohrmoser, ist schon vor Ort und wir beziehen ein riesig großes Zimmer in einem ganz bezaubernden Hotel direkt am Meer mit blütenbeschatteter Terrasse vor der Tür.
Am Abend lernen sich die Kursteilnehmenden kennen und gehen abends gemeinsam in die benachbarte Konoba Mul (= Schenke zur Mole) zum Essen. Nach gegrillter Kalbsleber und gefüllten Tintenfischen klingt der noch immer sehr heiße Abend bei Rotwein aus.
Montag, 27.06.2016
Eine brüllend heiße Nacht mündet in einen hochsommerlichen Morgen. Nach dem gemeinsamen Frühstück hören wir auf der Terrasse einen ersten Vortrag über den Velebit und seine bärigen Bewohner. Aufgeteilt auf fünf Autos fährt unsere 20er Gruppe – alle ausgestattet mit Wanderklamotten und Wanderstiefeln – dann hinauf auf 1500m in den Nationalpark.
Zwischendurch halten wir immer mal wieder an und bekommen den uralten Wald mit seinen Besonderheiten erklärt. Oben im Velebitgebirge durchstapfen wir einen alpinen botanischen Garten, klettern über steile Karstfelsen hinauf und genießen den unglaublichen Ausblick über die Kavarner Bucht bis zu den Bergen Istriens. Mehrere Stunden sind wir gut beschäftigt zu klettern, zu schwitzen und zu zuhören.
Am Ende der Wanderung durch und über den Karst sammeln wir uns an der Wetterstation. Es gibt Tee, Kaffee oder Bier und Nebel ziehen herauf über die Bergesspitzen. Es wird kühl und wir mummeln uns ein in Jacken, Mützen, Anoraks.
Gut fertig geht dann wieder hinab auf Meereshöhe, wo der Borawind das Meer aufwühlt und zumindest ein wenig Abkühlung bereitet.
Dienstag, 28.06.2016
Heute geht´s auf die Insel! Am Morgen ist das Meer noch recht böig, doch der Wind soll „einschlafen“ bis um ca. 10Uhr – wie unser Guide sagt – und dann geht´s los. Bepackt mit einerseits Wanderstiefeln und andererseits Badeklamotten sowie Sonnencreme, Hut und jeder Menge Wasser besteigen wir am kleinen Hafen von Sveti Juraj ein mittelgroßes Ausflugsschiff. Die Überfahrt zum Alcatrez Kroatiens, der Insel Goli Otok, dauert ca. eine Stunde. Windumtost und mit zerzausten Haaren legen wir an der nackten Insel bei großer Hitze an.
Bis in die 50er Jahre wurden hier Stalinanhänger im Umerziehungslager kaserniert. Ohne Prozess, ohne Kontakt zur Familie und unter härtesten, grausamen Bedingungen zur Zwangsarbeit verdonnert. Bis Ende der 80er Jahre wurden dann auch „normale Kriminelle“ auf der Insel inhaftiert.
Trotz der dunklen Vergangenheit ist die Insel faszinierend. Zwar ist das ganze Ambiente karg und die dem Verfall überlassenen Gefängnisgebäude versprühen eine Gänsehautatmosphäre, aber die – von den ehemaligen Insassen gefertigten – Natursteinmauern und Sisternen und die der Bora und der Hitze widerstehenden Maulbeerbäume und Akazien, die Vielfalt an Sukkulten und blühenden Disteln verzaubern dennoch. Auch das regelmäßige mit dem großen Haselnuss-Försterstab Klopfen auf die Steine, das unser Reiseleiter zelebriert, um eventuelle Schlangen zu vertreiben, trägt zur spannenden Stimmung bei.
Wir umrunden die Insel zu Fuß in der Hitze und sind dann froh nach zwei Stunden unsere Brotzeit im Schatten verzehren zu können.
Vor wenigen Jahren entstand im Sommer, in den heißesten Tagen, auf der Insel ein wilder Tourismus: junge, arbeitslose Leute haben ein Schwein auf die Insel geschafft, dieses am Rost gebraten und an anschippernde Touristen als Snack verkauft. Mittlerweile gibt es am Hafen eine Konoba und ein Kiosk. Ein Traktor zieht vier Eisenbahnwägelchen über die Insel für die, die sie nicht erlaufen wollen.
Sonst gibt es dort jedoch nichts und inspiriert die Kreativen unter uns, was man alles machen könnte … .
Es geht dann wieder heimwärts mit unserem Ausflugsschiff. Der ursprünglich angesetzte Badeaufenthalt in Lucovo entfällt, weil unser Schiff keine Anlegemöglichkeit findet, wegen zu wenig Tiefe des Wassers in Hafennähe. Also sind wir vorzeitig zurück in unserem Hotel und genießen den freien Nachmittag außerordentlich. Der bislang einzige Versuch im Meer zu baden – an unserem Strand – scheitert, weil uns das Wasser, von der Bora noch mal umgewühlt in der letzten Nacht, doch zu kalt ist.
Mittwoch, 29.06.2016
Heute wird nicht lang gefackelt und wir ziehen gleich nach dem Frühstück los in mehreren Autos wieder hinauf in den Velebit-Nationalpark. Oben erwartet uns eine Rangerin, die uns auf der Wanderung begleiten wird. Wir sehen jede Menge: vom echten Bärendreck („Bärenpopo“) bis zu vom Borkenkäfer gefrästen Fichten über Trollblumen, Akelei und 500 Jahre alte Buchen und gehen gut 6 km auf einem Mountaintrail, der schon 1930 von geschickten und fleißigen Einheimischen angelegt wurde. Nach dem langen verwunschenen Waldweg kraxeln wir entlang der tollen Karstfelsen. Nach circa 6 Stunden gelangen wir wieder zum Parkplatz und sind rechtschaffen k.o..
Auf der Abfahrt wird noch einmal scharf gebremst, um einen „Fußgänger“ nicht zu überfahren.
Donnerstag, 30.06.2016
Wandern wäre heute – zumindest für uns beide- erstmal eh nicht drin gewesen (Waden, Knie, Füße, … ) und damit kommt das Stadtprogramm Senj gerade recht.
Am Vormittag hören wir auf der lauschigen Pergolaterrasse erst einen Vortrag zum Vergleich des Wildtierschutzes in Deutschland und in Kroatien und dann einen über die Bedeutung und Geschichte der Stadt Senj. Dritter Vormittagstagesordnungspunkt ist die subjektive Berichterstattung einer kroatischen Dame, die als Kind in Deutschland lebte und sich kritisch über die heutigen politischen und bürokratischen Zustände in Kroatien äußert.
Um 12Uhr fahren wir dann in der Autokolonne nach Senj – nur 8km entfernt – und besuchen die beeindruckende Burg Nehaj, die Martin und ich bereits 2012 – damals unreflektiert und als Zufallsepisode kurz von außen besichtigt hatten. Nach ausgiebigem Burgbesuch und – besteigung führt uns der Reiseleiter durch Senj, die Stadt der roten Zora.
Wir lassen den Stadtbesuch bei Eis und Kaffee an der Strandpromenade ausklingen.
Den letzten Nachmittag dieses Bildungsurlaubs verbringen wir bei 34°C auf der Terrasse im Schatten.
Am Abend gibt es – überraschenderweise – Fisch für alle! Goldbrasse, Tintenfische und Sardinen – welches Gedicht! Und zum Abschluss werfen sich auch Pavel und Rosa, Mutter und Sohn, die Hoteliers unserer Behausung, ins Geschehen und bieten kroatisches Tiramisu, biologischen Rot- und Weißwein, Slibovic und Beerenschnaps in die Terrassenrunde zur Verabschiedung.
Noch einige Gespräche beenden den schönen Abend.
Freitag, 01.07. und Samstag, 02.07.2016
Der letzte Tag des Bildungsurlaubs und unseres Gesamturlaubs beginnt. Letztes gemeinsames Frühstück, Die Verbliebenen bereiten in Gruppenarbeit eine Zukunftswerkstatt vor: Tourismus im Velebit 2030. Gegen Mittag ist´s dann vorbei und nach der Verabschiedungsrunde fahren wir los gen Heimat.
Zunächst folgen wir der vor visuellen Reizen kochenden Küstenstraße und ab Rijeka und dann auf der Autobahn über Slowenien hinein nach Österreich. Nach den vielen Tunnels geht es nach Salzburg auf deutsches Staatsgebiet und in Siegsdorf in Bayern finden wir eine nette Übernachtungsgelegenheit.
Am nächsten Morgen geht es bewaffnet mit frischen Brezen und Butter heimwärts bei sinkenden Temperaturen und mit einer Menge an Regen. Am Abend gegen 17:00Uhr laufen wir ein auf dem heimischen Hof und zelebrieren den Abend ausklingend beim neuen Italiener in der Spielhagenstraße bevor wir uns dem Viertelfinale Italien gegen Deutschland zuhause widmen.
Eine sehr sehr schöne gemeinsame Zeit endet leider hier.