Anmerkung vorweg: unsere "richtige" Kamera ließ uns schnell im Stich, so dass wir diesmal hauptsächlich Handyfotos haben.
Ostersamstag, 15. April 2017
Zurückgekehrt nach Elysium seit gestern Abend. In diesem Jahr ist Ostern gut spät, so dass wir die Toskana wärmer erleben. In der Nähe von Florenz haben wir einen Mehrfachsterne – Campingplatz bezogen: Norcenni Girasole Club.
Eines haben wir bezüglich der Anfahrt als Erkenntnis gewonnen: nie wieder am Karfreitag unterwegs sein. Bei den Italienern ist´s kein Feiertag, damit sind Myriaden von Pendlern unterwegs und bei den Österreichern und Deutschen trägt das jährliche Kurzurlaubfieber nicht zur Entschlackung der Straßen bei. Damit haben wir 11 Stunden für 650km (von Bad Aibling aus) gebraucht. Etliche Staus und zähfließender Verkehr inbegriffen.
In Zukunft wird (mindestens) zwei Tage vor Karfreitag weggefahren!
Das hochgelobte, Bestsellerlisten anführende Hörbuch war auch ein Reinfall: eher verwirrend, Logik entbehrend und erst am Schluss eine Auflösung, die – zumindest für uns - kaum nachvollziehbar war.
Nun aber Schluss mit der Jammerei auf hohem Niveau. Es ist schön hier: großer Stellplatz, famoses Wetter, warm und diese unglaubliche Landschaft, die, wenn man sich mit ihr beschäftigt, den Spagat im Kopf zwischen „künstlerisch anmutend“ und „bäuerlich ursprünglich“ niemals schließt.
Als wir uns in der Früh fertig machen für den ersten Moppedritt bemerkt Martin, dass er seine Knieschützer daheim vergessen hat. Die in der neuen BMW-Hose befindlichen sind gelb und wabbelig, klein und ungenügend. Wir fahren darum erstmal auf einer kurvenreichen, kleinen Straße mit wenig Verkehr hinein ins 25km entfernte Florenz und suchen in der Via Mannelli das Motorama auf, ein Geschäft für Motorradkleidung. Gutes Eingangsomen: eine italienische Schwester der HP2 steht vor dem Laden.
Martin kauft sich die hippsten Knieschützer ever ever: von Alpinestars, Vollschutz und flexibel. Nachdem sie teuer bezahlt und vor dem Geschäft dann angelegt sind, geht es los auf die geplante, kleine Einstiegsrunde rundummadum um Figline Valdarno. Viele Kurven, einsame Straßen und einmal auch ein wenig Schotter unterm Gummi.
Das Auge kann sich vollsaugen mit Elysium: Zypressen, weidende Schafe, toskanische Prachthäuser und alles grün: genau was das Herz begehrt nach langer Winterzeit.
Der eine oder andere Kaffee im toskanischen Durchfahrdorf beschert die nötigen Pausen. Am Abend kaufen wir im gut ausgestatteten Campingplatzladen eine Schwimmbrille, falls doch noch die Lust auf Durchwühlen der 25m Bahn aufkeimt. Heute jedoch noch nicht.
Ostersonntag, 16. April 2017
Schönstes Frühlingswetter, ca. 20° C und nach dem Draußenfrühstück schwingen wir uns auf die Bikes und düsen in das Pratomagno-Gebiet hinein. Zunächst aber müssen die Moppeds saufen und wir suchen eine der absurden „aperto“ Tankstellen auf. Absurd deshalb, weil „aperto“ nur heißt, dass man nach italienischer Anweisung auf dem Display per Karte zahlen kann, nicht etwa dass ein Tankwart da wäre. Wir probieren erst die eine Karte (geht nicht), dann die andere (Pin eingeben), die geht fast auch nicht, weil ich denn Pin in Deutschland nie benutze (weil da Unterschrift, aber hier ist Unterschrift nicht möglich, weil ja kein Tankwart da ist – trotz „aperto“ …..). Gesucht und denn gefunden den Pin, also kann´s Tanken losgehen. Martin veranstaltet noch eine kleine Benzindusche mit dem Zapfhahn, lecker - riecht fein.
Aber endlich geht´s dann los und wir schrauben uns über endlose Kurven und annähernd leere Sträßchen auf über 1400m hinauf und haben auch Schotter unterm Reifen.
Mittags schnabulieren wir in der Neustadt von Poppi in einer Spaghetteria, in der einheimische Familien ihr Ostermenü einnehmen, je eine Portion Carbonara.
Mit dem dicken Nudelbauch tuckern wir weiter durchs Pratomagno, kämpfen gegen die Suppenkomamüdigkeit an und haben nach gut 140km Kurventanz genug und laufen gegen 17Uhr wieder auf dem Partymusik durchschallten Campingplatz ein.
Wir wollen heute Abend die Gelegenheit nutzen, länger draußen vor dem Bus zu sitzen und kaufen im Platzsupermarkt Leckodauzien zur Selbstversorgung ein.
Bis kurz nach 22 Uhr schallt Karaoke-Gesang bis zu uns hinüber.
Ostermontag, 17. April 2017
In der Nacht hat´s ein wenig geregnet, die Tische draußen sind bissi nass. Trotzdem ist es wieder warm genug, draußen zu frühstücken. Martin ist schon morgens sehr emsig und führt kleine Reparaturen an den Moppeds aus. Ich hänge entkoffeiniert und lasch im Campingstuhl herum.
Lange guckt sich das Martin nicht an und treibt zum Aufbruch. Wir durchqueren das Chiantigebiet, schaukeln die endlosen Hügel hinauf und hinunter, haben oft Schotter unter den Stollen und manchmal landen wir in einer Sackgasse und müssen umkehren. Ein strahlender blau-weißer Himmel mit fluffigen Fliegende-Hunde-Wolken spannt sich über uns und die in geometrischen Mustern gestaltete Landwirtschaft schmeichelt dem Auge.
In Radda in Chianti pausieren wir und verfallen at hoc der Kauflaune als eine blaue Kashmirjacke entgegenschreit: „Nimm mich mit!“ Auch der Lapsus der Beta Alp, mal wieder nicht anspringen zu wollen, lässt die Laune nicht sinken, vor allem wenn ein findiger Ingenieur sie dann schließlich doch wieder mit der Brachialmethode zum Laufen bringt.
Als in unserer Richtung dann ein Weg abzweigt, der nur gelegentlich von Offroadfahrzeugen genutzt wird, und wir den ausprobieren wollen, zeigen größere Steinstufen und erhebliche Auswaschungen der Betafahrerin, wo der Bartel den Most holt und sie betätigt den Killschalter.
Der andere Teil des Duos erprobt noch ein wenig weiter den Auswaschweg und klettert hinauf wie ein Bergziege und kommt hinab wie ein Sündenbock (=heftiges Gelände, Sportenduro würd´s spannend haben ….). Wir zuckeln zurück zu zivileren Passagen und swingen heimwärts.
So verleben wir einen super schönen und entspannten Osterfeiertag. Am Abend packen wir aber doch die Moppeds ein, um morgen umzuziehen nach Casciano.
Wir lassen den Abend bei einem Negroni und einem Americano (= zwei uns bis dato noch unbekannte Cocktails) und zwei Runden Billard ausklingen.
Dienstag, 18. April 2017
Kühl und frisch ist´s morgens. So dauert das Frühstück nicht zu lange und nachdem wir alles verstaut haben und bezahlt haben, geht’s los. Zunächst statten wir dem großen Coop-Supermarkt in Figline einen Besuch ab und decken uns ein mit italienischen Duftessenzen, Kaffeebohnen und Weinen.
Die gut 80km bis Casciano sind über Landstraße zuckelnd leicht zu bewältigen und der alte Herr am Campingplatz erkennt uns auch gleich wieder. Wir beziehen den gleichen Stellplatz wie im Jahr zuvor und sind heilfroh, dass der Gewitterregen erst einsetzt als wir die Moppeds entladen haben und schon Strom ins Wageninnere gelegt ist. Es fallen Regentropfen wie aus Wasserbomben entlassen: platsch platsch.
Da kann man´s gut aushalten bei Wüstenwind (aus dem Keramiklüfter) und Stapeln von mitgebrachten zu lesenden Zeitungen.
Schade, dass Carmine nicht mehr hier arbeitet im Restaurant – wir sind neugierig, ob und wie es uns heute Abend dort dann gefallen wird.
Mittwoch, 19. April 2017
Es war so lala im Platzrestaurant. Mit uns da war eine Gruppe Sachsen, die lautstark das Feld beherrschten. Weder für die Sachsen noch für uns wird es möglich gemacht, das Spiel Bayern gegen Real Madrid anzuschauen. Wir verziehen uns in unseren warmen Bus: eine geht schlafen und einer verfolgt noch per Liveticker das Fußballspiel.
Der Mittwochmorgen zeigt sich sonnig aber schweinskalt (11°). Als wir losfahren, doppelt bewehrt, mit der entsprechender Underwear ist´s erträglich und die Strecke versöhnt allenthalben. Lange Strecken auf Schotter, Wirtschaftswege durch die sienesische Crete, die von einem atemberaubendem Backsteingehöft zum nächsten führen, das alles unter weiß-blauem Strahlehimmel, verströmen Relaxtheit und souveränes Driften. Das eine Gehöft ist verlassen und schreit förmlich nach Neuerwerb und das nächste ist grundsaniert und bewohnt von ferraribesitzenden Wohlhabenden. So wechselt sich das ab über Kilometer und Kilometer.
Der Blick ins Land füllt sich mit toskanischen Unterbewusstseinsbildern und ist randvoll ob der realistischen Romantik. So düppeln wir Stunden unbeschwert dahin und kreuzen immer wieder die L´Eroica, die oft beschriebene und mit braunen Schildern markierte On – und - Offroad-Toskanastrecke.
Wir pausieren im mäßig anregenden Asciano, der Provinzhauptstadt. Als wir weiterfahren nach Rapeleno haben wir zwei Fokusse: das Travertin-Abbaugebiet und die türkisen Schwefelthermen.
Das erstere finden wir ohne Probleme, vom zweiteren entdecken wir lediglich den grün-weißen Abfluss. Das pittoreske Ensemble Felsen-und-heiße-Quelle ist verborgen im kommerziell genutzten Thermalbad.
Heim zu geht es weiter über endlose Schotterwirtschaftswege und wir werden kurz vor Casciano rausgespült auf die asphaltierte Straße. Die Aufräumarbeiten eines Frontalzusammenstoß zweier Autos verzögern die ungehinderte Zufahrt durch Casciano.
Durchgekühlt, aber voll guter Bilder im Kopf, landen wir wohlbehalten auf dem Campingplatz.
Abends kochen wir selbst: Pasta Amatriciana und lauschen der Musik vom Geneva.
Donnerstag, 20. April 2017
Sonne am Morgen und wenn man sich direkt anstrahlen lässt, ist´s sogar angenehm warm.
Heute versuchen wir erneut die nahe an Casciano grenzenden Offroadwege zu erkunden – was eine gute Portion Skepsis auslöst bei manchen Fahrerinnen …. und recht hat sie damit: der Hauptweg geht noch, aber jeder Nebenweg ist zerfurcht und voll mit Stufen, da kommt die alte nackte Angst. Nach einigem Hin und Her und ein paar „Ich schau mal, wie der Weg sich macht ….“ - Versuchen, findet Martin einen in die richtige Richtung und mit – nach kleiner Überredung – machbarem Niveau auch für Angsthasen.
Als uns die Straße wieder hat, holen wir den verdienten Morgencapuccino und eine Ladung Sprit für die Bikes in Buonconvento ab.
Dann preschen wir die Schotterpiste gen Montalcino – ebenselbige, die im letzten Jahr Heulen und Zähneklappern verursachte. Aber mit der Beta ist das gaaaaaanz was anderes.
Noch vor Montalcino wechseln wir auf eine andere Piste., die uns auf roten Straßen direkt durch Weinberge führt mit weitschweifenden Ausblicken auf das Zypressenelysium. Manchmal sind wir uns nicht so sicher, ob wir uns noch auf öffentlicher Straße oder schon auf privatem Grund befinden. Die bellenden Wachhunde, die angesprungen kommen, sind zumindest kein eindeutiger Hinweis.
In der Weiterfahrt touchieren wir wieder mal San´Antimo, verweilen dort diesmal nicht, sondern schottern weiter im großen Bogen erst westlich, dann südlich um letztendlich parallel zum Fluss Ombrose auf einer winzigen Kurve um Kurve gebärenden Straße gen Norden und Heimat zu tanzen.
Schmaler Einkauf im kleinen Supermercato in Casicano rundet den gelungenen Tag ab: Eier, Oliven, Brot, Öl, Tomaten, Kekse. Das wird ein Festmahl.
Freitag, 21. April 2017
Last day … wir verladen die Moppeds am Vormittag und räumen weitgehend auf. Dann brechen wir im Roten auf die Colline Metallifere nochmals zu erkunden. Der dicke Bus schlängelt sich über die kleinen Kurvenstraßen ohne sichtliche Probleme. In dem hübschen Café bei San Galgano machen wir einen Kaffeestopp.
Wir entdecken die roten Felsen wieder, ein Foto zu schießen ist aber wegen den sich begrünenden Bäume schwierig.
Dafür finden wir einen super ausgewaschenen Beta 200er Weg und tolle weiße Steine, von denen drei nach Berlin mitkommen wollen.
Weiter geht es hinein ins Geothermengebiet und wir bestaunen in einem kleinen Schaupark die aus der Erde steigenden, heißen Schwefeldämpfe.
Restaurant-Bar-mäßig ist das Gebiet hier eher unterentwickelt und so befahren wir ausgedürstet die kleinen Sträßchen und tuckern am Nachmittag (dann doch noch eine Bar Sport gefunden) wieder heimwärts.
Auf dem Campingplatz rüsten sich italienische Familien für ein langes Wochenende ein: am kommenden Dienstag ist Nationalfeiertag.
Wir bezahlen beim alten Campingplatzbesitzer und wollen heute Abend mal (endlich) die Osteria in Casciano ausprobieren.
Samstag, 22.April 2017
Das war ein schönes Event am gestrigen Abend, hat sich voll gelohnt: nette Location, sehr freundliche Wirtin, die sogar Deutsch spricht und ein vorzügliches Essen.
Am heutigen Morgen packen wir bei Sonne, aber noch ordentlicher Frische alles zusammen und dackeln los gen Heimat.
Sonntag, 23.April 2017
In bewährter Manier sind wir gemütlich heim zu gefahren. Natürlich wieder den Löwenanteil mit Martin am Steuer. Am Irschenberg zu Abend gegessen und in Ingolstadt auf dem öffentlichen Stellplatz vor dem Hallenbad genächtigt.
Gegen 15 Uhr laufen wir daheim ein und nachdem wir alles ausgepackt haben, gehen wir zum Abschluss dieses netten Urlaubs zum heimischen Lieblingsitaliener.