Wir sind Offroader   Daniéla und Martin
Willkommen

Juni 2023 mit dem Jimny nach Albanien/Griechenland und Italien

Freitag, 2. Juni 2023
Nachdem in diesem Jahr kein Ellbogenbruch den Juniurlaub schmälert, brechen wir wirklich am 2.6. auf. Wir haben noch – vergeblich – auf die Postzustellung gewartet, weil eine wichtige Lieferung ausstand. Aber es kam wie schon oft gar keine Post – in Berlin – und so düsen wir gegen 11Uhr los in unserem kleinen Jimny.
Auf dem Dach sind das neue Wurfzelt und ein Campingtisch verschnürt, im Inneren je zwei Taschen und zwei Schlafsäcke sowie eine Minimalausstattung an Getränken, Apotheke und Drogerie.
Es geht über die Avus und die A9 wie schon so oft gen Süden. Nach 500km erreichen wir Regensburg und checken ein im Hotel der bekannten Kette. Dann geht es per pedes wieder hinein nach Regensburg – wie vor einem guten Jahr als wir mit den Moppeds unterwegs waren – und wir landen wieder beim sehr guten Tapas-Spanier – und geloben die superleckeren in Honig gewälzten Auberginen endlich nachzukochen, wenn wir wieder daheim sind.


Samstag, 3. Juni 
Frühstück holen wir uns beim nahe gelegenen Bäcker und fahren schon früh aus der Stadt hinaus weiter gen Süden. Nachdem wir es zuhause noch hinbekommen haben, das Smartphone mit dem Autoradio zu koppeln (der „Trick“ dabei war, zwei – schon lang nicht mehr in Betrieb/im Besitz befindliche - Smartphones zu löschen), können wir unbeschwert unterwegs Podcasts hören, was die Fahrt noch vergnüglicher macht. Wir düsen hinein nach Österreich und kurz vor Verlassen des Felix Austria stoppen wir noch in Graz und bewundern die schöne, historische Altstadt und lecken an je einem Eis.


Nach weiteren 60km sind wir in Slowenien und checken in Maribor ein in ein smartes Hotelchen. Dann folgt ein Walk und ein Abendessen in der Altstadt und ein Absacker an der dem Hotel angeschlossenen Operabar.



Sonntag, 4. Juni 2023

Maribor ist Sonntagsmorgen noch recht verschlafen und wir verlassen es gegen 9:30Uhr. Die heutige Strecke ist nicht lang: nach nur knappen 250km sind wir in Starigrad in Kroatien. Nun können wir endlich mal die berühmte Paklenicaschlucht besuchen. Wir freuen uns über die weiß-grauen Kalkfelsen und sehen Winnetou und seine Gefährten vor unserem geistigen Auge. Vor unserem realen Auge sehen wir viele Kletterer und Familien, die sich bei den sommerlichen Temperaturen in den viel vorhandenen Wasserfällen abkühlen. Eine gute Stunde geht es bergauf und bergab in der Schlucht.


Wir entscheiden, trotz großer Lust drauf, nicht auf dem Campingplatz Quartier zu beziehen, weil die Wetteraussichten Regen und Sturm verkünden. Stattdessen finden wir ein preiswertes Appartement und laufen bei noch gut sommerlichem Wetter entlang der Küste. Am frühen Abend dinieren wir ganz gut, obwohl der Oktopussalat mit einem Haufen roten Zwiebeln und Kartoffeln nicht ganz der Erwartung entsprach. Endlich entdecken wir auch beim After-Dinner-Walk das Zentrum von Starigrad entlang des alten Hafens und kehren auf einen Absacker nochmal kurz ein.
Wir sind früh in den Federn, auch weil wir den satellitengesteuerten TV nicht zum Laufen bekommen.


Montag, 5. Juni 2023
Die Wettervoraussage hat recht behalten und seit der späten Nacht regnet es, was das Zeug hält. Unser Frühstück wird mit dem Supermarkteinkauf an Getränken gekoppelt und so düsen wir schon gegen 9Uhr los weiter Richtung Süden.
In Primosten machen wir einen Stopp, um die pittoreske Halbinsel, die häufig auf Kalenderbildern zu sehen ist, in Augenschein zu nehmen. Primosten, das ehemalige Fischerdorf hat sich völlig dem touristischen Gewusel ergeben. Wir bleiben nicht allzu lange.


Der Weg führt uns dann bis Trogir, wo wir wieder – wegen der Wetterprognose – ein Appartement gegen den Campingplatz eintauschen. Mal sehen, ob das mit dem Camping auf dieser Reise noch klappt.


Am Nachmittag schauen wir uns wieder die Altstadt von Trogir an – diesmal, anders als im Jahr 2012, mit wirklich vielen anderen Touristen. Wir finden schließlich auch einen Negroniausschank und später einen Fleischplatte-für-zwei-Servierer. Ausnahmsweise geben wir uns mal der kroatischen Fleischeslust hin – und haben dann hinterher doch zu viel davon gegessen.
Wieder sind wir ziemlich früh zurück bei unserem Appartement und sitzen noch ein Weilchen auf dem Balkon und zählen die auf Split zu düsenden Jets direkt über unseren Köpfen.


Dienstag, 6. Juni 2023
Wir verlassen bei Nieselregen unser Appartement in Trogir und frühstücken wieder bei einem nahe gelegenen Supermarkt. Dann geht um Spilt herum auf der Autobahn gen Süden. Wir wechseln später auf die schöne Jadranska Magistrale , die malerische Küstenstraße Kroatiens. Bei dem allmählich nachlassenden Regen genießen wir wieder und wieder die überbordend blühenden Oleanderbüsche und die Ausblicke auf die grüne Adria. Das karst- und wegereiche Hinterland auf der dem Meer abgewandten Seite animiert uns wieder verstärkt, über zukünftige weitere Kroatienbesuche nachzudenken.

Bei Komarna nutzen wir die neu erbaute Brücke, die wie eine kleine Schwester der Öresundbrücke gebaut ist und uns die Aussparung von Bosnien-Herzegowina ermöglicht. 


Dubrovnik lassen wir rechts, bzw. unter uns, liegen: weil a) zu voll und b) zu teure Quartiere und ja, wir waren ja auch schon dort, so dass a + b dieses Mal nur ein chices Foto der Republik Ragusa hergibt und wir uns lieber 20km weiter südlich in Cavtat für ein wenig Füße vertreten aufhalten. Wieder alles sehr touristisch dort.
Uns treibt es anschließend weiter über die Grenze nach Montenegro. Ist schon interessant: Montenegro nutzt den Euro – vormals sogar seit 1992 die Deutsche Mark - als Zahlungsmittel, ist aber (noch) kein EU-Mitglied. Das Land hat seit dem Ende des Bestehens des Königreichs Montenegro und der Eingliederung in Jugoslawien 1918 keine eigene Währung mehr. Wir fahren bis zum Fjord von Kotor und finden uns wieder ein auf dem Autokamp Naluka und können zum ersten Mal auf dieser Reise unser neues Wurfzelt entfalten. Wettermäßig ideal: kein Regen, sehr warme 25°C.
Direkt am Fjord, mit Blick aufs Wasser speisen wir fürstlich in einem Lokal.


Mittwoch, 7. Juni 2023
Die Bewährungsprüfung wird zumindest im zweiten Anlauf bestanden: das Wurfzelt (die Werbung sagt: Aufbau in 2 Sekunden, Abbau in 5 Minuten) wieder zusammenzufalten (=clippern, binden, drehen, verbiegen und rein in den Sack). Gegen 9Uhr ist alles zusammengepackt und verstaut und wir begeben uns wieder auf Tour mit dem treuen Jimny.
Es geht mit der Fähre auf die andere Seite des Fjords und dann auf der Küstenstraße in Richtung Budva. Wir kommen mühsam voran, weil die Straßen voll sind und eine Geschwindigkeit von 50km/h kaum überboten werden kann. Wir verpassen jede Möglichkeit einen Kaffee einzuflößen („Da war gerade eine Pekara (=Bäckerei)“) und hoffen auf Budva. Dort verpassen wir wiederum den Abzweig in die Altstadt und sind so negativ beeindruckt von den massenweise in die Höhe schießenden Hochhäusern, dass wir es erst nach Budva und nach 11:30Uhr schaffen, einen ersten Kaffee des Tages zu ergattern. Wenigstens versöhnt uns dabei der Blick auf das wunderschöne Sv. Stefan, die ehemalige Promi-Urlaubsinsel.


Nun beginnt der ansehnlichere Teil der Küste zwischen Bar und Ulcinj erstreckt sich ein Sandstrand am nächsten. Wir finden sogar eine interessante, kurvige, schmale Abkürzungsstraße durchs Hinterland, so dass wir dann bald südlich des Skutari-Sees die Grenze zu Albanien überschreiten. Ein bisschen dauert es an der Grenze, die Beamten gucken eher grimmig, aber letztendlich läuft der Grenzübertritt unspektakulär.
Nach guten 20km erreichen wir die Stadt Shkodra und reihen uns ein ins wuselige Getümmel. Wir ziehen ein paar albanische Lek am ATM und suchen nach einem geeigneten Hotel – altstadtnah und mit bewachtem Parkplatz. Als wir dieses gefunden haben, starten wir nach einem Cappuccino, der hier Kaffee Germanese heißt, auf einen Stadtspaziergang. Shkodra ist schüchtern und zeigt uns erst einmal nur ihre grauen, ollen Betonfassaden und ihr Angebot an Plastikhaushaltsgegenständen, die man in Tohuwabohu-Geschäften erwerben könnte. Erst als wir insistieren und Shkodra bitten, doch mal auch was von etwas hübscheren Seiten zu zeigen, erbarmt sie sich und zeigt uns eine hübsch hergerichtete FuZo, belebt mit Menschen in Cafés und netten Geschäftchen sowie auf deren Fortsetzung mehrere Restaurants und einen recht ansehnlichen Park. Dort spielen alte Männer - zu viert jeweils an einem Tisch sitzend auf dem eine Pappe als Schutz liegt - Brettspiele.


Überall sieht man schlafende, große, scheinbar herrenlose Hunde. Obwohl diese friedlich zu sein scheinen und auch kaum von jemandem verscheucht werden, wird dem weiblichen Teil des Touri-Paares doch etwas mulmig zumute, als einer der Hunde versucht, uns als neue Chefs für sich anzuwerben und uns hinterherläuft.


Früh am Abend kehren wir ein in eine nette Pizzeria und dann zum Hotel zurück. Am Abend hat es noch schwüle 26°C draußen. Mit einbrechender Dunkelheit drehen wir noch eine Abschlussrunde und stellen fest, dass die Straßen sich wieder stark gefüllt haben, die Einwohner:innen wie überall (wo wir´s kennen) flanieren, sich in Bars in Gespräche vertiefen und den Abend genießen.



Donnerstag, 8. Juni 2023
Das Frühstück ist mäßig im Hotel, der Kaffee eher schlecht. Aber sei´s was drum. Wir verlassen Shkodra wieder verhältnismäßig früh und fahren noch zu der am Fluss gelegenen Burgruine. Kurze Außen-Besichtigung und ein paar nette Fotos, dann suchen wir, wo die Straße weitergeht.


Unser nächstes Ziel heißt Berat, die Stadt der 1000 Fenster. Wir nehmen den kürzesten Weg. Er führt uns über´s Hinterland, die Autofahrer unterwegs erfordern durchaus dauernde Konzentration, weil Ausscheren, Überholen, Abbiegen auf herausfordernde Art und Weise vor sich geht. Der eine miese und der andere prächtige Kaffee unterwegs verschaffen kurze Pausen. Wir durchfahren auf dem Weg die Hafenstadt Durres und erhaschen einen Blick auf das geschäftige Hafen- und Strandleben.
Am Nachmittag erreichen wir Berat und steuern das am Hügel gelegene Hotel Ajka an. Das erste angebotene Zimmer erscheint der weiblichen Reiseteilnehmerin zu gruselig, weil zu dunkel und zu höhlenartig und wird getauscht gegen das hellere Nebenzimmer.
Dann geht es bei hochsommerlichen 28°C hinein und hinauf nach Berat und zur Burg. Zunächst verirren wir uns in den zahlreichen engen Altstadtgassen und keuchen in die eine oder andere Sackgasse hinein. Endlich ist der Weg zur Burg gefunden und wir schleppen uns meterweise auf Kopfsteinpflaster hinauf.




Durchgeschwitzt oben angekommen, entdecken wir die Weitläufigkeit der alten Burganlage und kraxeln noch bis zur Panoramaplattform. Mittlerweile stürmen die das Gewitter ankündigenden Winde ziemlich dolle und trocknen unsere Funktionskleidung am Körper.
Durstig und windgetost treten wir den Rückweg an und laben uns, unten im Ort wieder angekommen, an einem Aperol- bzw. Campari-Spritz.
Das Gewitter hat Berat nur so gestreift, aber einen wundervollen, breiten Regenbogen hinterlassen. Im Abendlicht macht Martin noch ein paar hübsche Fotos, bevor wir wieder in unser „Höhlenhotel“ – some call it „in den Bergabhang hineingebautes Hotel - zurückkehren.
Ein traditionelles Abendessen nehmen wir auf der Terrasse im zweiten Stock des Hotels ein – mit einem sehr beflissenen Kellner, der uns seine halbe Lebensgeschichte erzählt, und dem wunderbarem Blick auf einerseits die Stadt der 1000 Fenster und andererseits auf die von der untergehenden Sonne beschienenen Berge des Nationalparks Tomorr. Ein wirklich schöner Abend.


Freitag, 9.Juni 2023
Morgens wird das Frühstück auf der Terrasse angeboten: es ist ein einfaches Mahl: Schafskäse, Tomaten, weißes Brot und Tee – aber voll okay. Martin hat eine „Abkürzung“ unserer Strecke von Berat nach Ioannina gefunden, da der schnellste angezeigte Weg auf GoogleMaps eine erhebliche Schleife in nördlicher Richtung beschreibt. Die neue Strecke, die erheblich kürzer, dafür etwas zeitlich längere zu sein scheint, erweist sich als Abenteuerfahrt. Sie führt von Berat auf kleiner Asphaltstrecke nach Süden in die Berge.
Irgendwann mündete die Asphaltstraße in eine Schotterpiste, was zunächst noch nicht beunruhigend war. Wir fahren ja mit dem Jimny! Allerdings war die weitere Zielführung – und das setzte sich in Folge weiter fort – durch die unterschiedliche ersichtliche, und sich teilweise wiedersprechende, Straßenführung auf GoogleMaps und auf dem Garmin Navi und den realen Gegebenheiten vor Ort problematisch. Ergebnis war ein ständiges Variieren unserer Wegstrecke. Immer wieder fuhren wir in kurze Sackgassen, die in ein Gehöft oder ins Nirgendwo führten und mussten uns anschließend dann immer wieder den Berg hinauf kämpfen. Teilweise waren die angezeigten Wege kaum als „Straße“ erkennbar. Allrad und Untersetzung kamen häufig zum Einsatz. Ca. 5 Stunden haben wir für geschätzte 80km gebraucht. Das war eine Offroadtour - alleine in Albanien, die wir, wenn wir es vorher gewusst hätten, nicht angetreten hätten.
Krönung war zwischendurch, dass bei einer Piste mit starken Fahrrillen, die steil hinab führte, durch Sträucher und gut nass, wir sie deshalb für die richtige gehalten haben, weil uns ständig ein alter Mercedes E-Klasse folgte. Der Fahrer desselben hupte uns irgendwann an, um uns mit Gesten klarzumachen, dass wir wieder in eine Sackgasse fahren. Uns ist völlig unbegreiflich, wie der Mercedes in diesem Gelände jemals ohne größeren Schaden die Auffahrten meistern konnte.
Tatsächlich sind wir an einer Stelle der Googlemaps Route – oh Wunder, wir hatten dort Empfang – gefolgt, während auf dem Garmin keine Straße mehr erkennbar war. Es hat schon etwas Skurriles, wenn mitten im No-where die Lady von GoogleMaps sagt: „In 100m scharf rechts abbiegen“ und du siehst nur Wiese, Gräser und andeutungsweise zwei Fahrrillen …



Als Ausgleich zu aller Skurrilität blüht und duftet der gelbe Ginster und der rote Mohn, der dunkler ist als bei uns daheim, wuchert, was das Zeug hält.


Wir waren froh, dann endlich an der SH74 auf Asphalt angekommen zu sein und auch endlich einen Kaffee an einer Tanke abzugreifen.


Nochmal eine Stunde, mit einem kurzen Stopp in Gjiokastr, wo wir den Weg zur Burg kaum finden. Dickes Kopfsteinpflaster auf den Straßen, kaum einen Parkplatz gefunden und dann ein kurzes Eisessen und ein kurzer Walk durch den alten Bazar. Und schon geht es weiter.

Noch eine gute Stunde fahren wir, um dann über die albanisch-griechische Grenze zu hopsen. Ein grimmig dreinblickender Zollbeamter (Martin sagt, das ist die Einstellungsvoraussetzung so gucken zu können) fragt, ob wir etwas zu verzollen haben, was wir verneinen. In Ioannina ist dann der Teufel los: Freitagabend, schönes Wetter, alle Menschen treiben sich auf den Straßen herum – inklusive uns. Himmel und Menschen sind am Abend in den Straßen unterwegs. Wir haben ein nettes kleines altstadtnahes Hotel abbekommen und sitzen dann abends noch nach Abendessen und Cocktail in den Gassen auf dem Balkon.


Samstag, 10. Juni 2023
Am Morgen holen wir uns ein kleines Frühstück „To go“ in Ioannina, dann fahren wir ab. Zunächst haben wir leider den falschen Zielort eingegeben und müssen einen Umweg von rund 40km in Kauf nehmen. Martin flucht.
Aber dann stromern wir ca. 300km südlich in Richtung Patras auf der Autobahn, Hörbuch hörend.


Wir fahren über die neu gebaute Brücke und dann noch mal eine Stunde und landen auf dem Campingplatz Aginara Beach. Wieder – wie schon bei unserem letzten Besuch vor 9 Jahren hier – begeistert uns die Blütenpracht und die wunderschöne Lage. Viele tropische Pflanzen wuchern in allen Farben auf dem Gelände. Wir schmeißen eine Waschmaschine an, hängen die Wäsche auf und werfen unser Wurfzelt auf den Platz, lassen die selbstaufblasbare Matratze ihren Dienst tun und latschen in die Beachbar, um einen Aperitif zu genießen.

Am Abend gehen wir ins super gut gefüllte Restaurant, der Kellner rattert runter, was es gibt an Vorspeisen und Hauptspeisen. Wir bestellen quasi wahllos. Das Essen war okay, wenngleich auch durchaus nicht gerade billig.

Später kommt ein alter holländischer Herr an unserem Platz, 81jährig, bärtig, am Stock, und erzählt, dass er sein Haus nach dem Tod seiner Frau verkauft hat, nun reist und ihm egal ist, wo er stirbt – erinnert uns an unsere Reisebekanntschaft vom November in Spanien. Draußen vor dem Zelt, den Laptop auf den Knien, lauschen wir noch ein Weilchen den Rufen eines Kauzes und trinken im Dunkeln vom mitgebrachten Wein.







Sonntag, 11. Juni 2023

Eine wunderbare Nacht im Zelt liegt am sonnigen Morgen hinter uns. Der Zusammen“bau“ – besser wäre, man würde es Verrenkung oder Verachterung o.ä. nennen – des 2 Sekunden-Wurfzeltes gelingt nicht auf Anhieb. Erst nochmals die Anleitung studiert, dann ein Tutorial im Netz geschaut und schon gelingt bei Versuch 91 das Wunder und die Reifen lassen sich zu der erforderlichen Acht biegen.
Zur Belohnung und zum Abschied gehen wir noch einen Cappuccino trinken in der Campingtaverne. Der gleiche unfreundliche Kellner von gestern Abend nimmt die Bestellung entgegen und braucht eine halbe Ewigkeit bis der (weniger als mittelmäßige) Kaffee fertig ist.
Wir lassen uns von so etwas nicht grämen und ziehen mit unserem Jimny von dannen. Der nahe gelegenen Burg Chlemoutsi, eine Kreuzfahrerburganlage aus dem 13. Jahrhundert, statten wir noch einen kurzen Foto-Besuch ab, bevor es dann wieder gen Patras geht.
Dieses Mal nehmen wir zur Überquerung der Meerenge zwischen dem Golf von Patras und dem Golf von Korinth die Fähre, die halb so teuer ist wie die mondäne, neue Brücke, die wir bei der Hinfahrt nutzten.



Ein kleiner Rundgang im sonntäglich, trubeligen Nafpaktos dient dem Füßevertreten und einer kleinen Besichtigung des hübschen Ortes.

Als letztes Tagesziel steuern wir nun Ano Chora an, das gut 1000m hoch liegt und von dem morgen die ACT-Tour (der Teil der Tour, den wir fahren wollen) los geht. Haarnadelkurve um Haarnadelkurve geht es in teils dichtem Regen hinauf. Da wir annähernd alleine uns auf der Straße bewegen, lassen wir uns entsprechend Zeit und bewundern die ausgedehnten Wälder. In Ano Chora angekommen, finden wir auch schnell ein Hotel. Besonders viel los ist an diesem Sonntagabend nicht in dem Ort: wir scheinen die einzigen Fremden hier zu sein. Auch in der nahe gelegenen offenen Taverne sind wir jedenfalls die einzigen Gäste und radebrechen mit dem Wirt zu dem, was heute im Angebot ist. Der servierte Rotwein schmeckt leider wie Essig pur und bleibt dann annähernd unangerührt. Der Tzaiziki und der Salat sowie die geschmorte Lammhaxe sind okay.
Am Abend sitzen wir noch ein Weilchen auf unserem kleinen Balkon, gucken den Schwalben bei ihren gewagten Flugmanövern zu und sehen die Nebel nach dem Regen aus den Wäldern aufsteigen.


Jetzt wird es Zeit, ein wenig was zu unserer bevorstehenden Tour und zu ACT zu sagen.
ACT ist die Abkürzung zu „Adventure Country Tracks e.V.“, einem eingetragenen gemeinnützigen Verein, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, in europäischen Ländern Offroad-Routen und -Spuren für sogenannte Adventure-Motorräder aufzuspüren und die entsprechenden Tracks zur Verfügung zu stellen. Durch die Bereitstellung von Informationen und die Förderung von verantwortungsbewusstem Motorradfahren versucht ACT, das Motorradfahren auf unbefestigten Straßen im Hinterland für kommende Generationen zu erhalten und den Tourismus in ländlichen Gebieten zu fördern.  Ziel ist es, die Routen, Gebiete und Hintergründe ausführlich zu dokumentieren und die Reisenden zu motivieren, diesen Routen zu folgen.
So auch wir, mit unserem kleinen Geländewagen. Wir sind bereits die ACT Tour Portugal 2017 nachgefahren und das hatte uns gut gefallen. Und Teile der ACT Tour Rumänien sind wir 2019 gefahren. Nun sind Griechenland und Italien dran.
Von den Tracks in Griechenland wollen wir nicht alles fahren, sondern haben uns vorab schon rausgesucht, was besonders spannend zu sein verspricht. Und die Tour ACT Italien werden wir aus logistischen Gründen „rückwärts“ fahren, soll heißen, wir beginnen mit dem letzten, ACT 5, der offiziellen ACT Italientour, dann Tag 4, Tag 3, Tag 2 usw. Wobei schon klar wird, dass wir mit dem Jimny nicht so schnell vorankommen wie mit Motorrädern und wir daher wahrscheinlich die jeweiligen Tourtage teilen werden in zwei Fahrtage pro Tourtrack.


Montag, 12. Juni 2023
Gut erholt wachen wir am Morgen auf und gehen zum frühest möglichen Termin zum Frühstück. Bombastisch, was uns hier aufgetischt wird am kleinen, sonnenbeschienen Tisch auf der Wintergartenterrasse: frisch gepresster Orangensaft, Kaffee und Tee, getoastete Schinken-Käse-Sandwiches, Ei, Brot, Marmeladen und Honig und Kuchen. So viel können wir gar nicht vertilgen. Wir verabschieden uns freundlich nach dem Frühstück und Bezahlen beim Wirt und Inhaber, der von sich sagt: „I am free“ und meint damit, dass er keine Gattin hat.
Dann endlich geht es noch vor 9Uhr auf unsere Abenteuer-Offroadtour. Die Sonne lacht freundlich und bescheint die summenden Bienen, die sich um die bunten Imkerkästen, die überall am Straßenrand aufgestellt sind, tummeln.


Den ganzen Vormittag über bleibt es sonnig und warm. Das Garmin spult brav die Trackdaten runter, denen wir folgen. Die Strecke ist durchaus anspruchsvoll, aber wird gut von Martin und dem Jimny bewältigt. Die erste Wasserdurchfahrt klappt unproblematisch – es ist dieselbe wie im ACT Film.


Als wir sehen, dass wir mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von nur unter 20km/h vorankommen, wählt Martin eine Abkürzungsstrecke, die uns an eine weitere Furt bringt. Dort ist das Wasser so tief und so strömend, dass es dem Jimny bis kurz über die Schweller reicht und ein wenig Wasser auf Beifahrerseite eintritt.

Unsere Tour führt uns hinauf bis auf über 1600müM und wir haben wunderbare Ausblicke auf die umliegenden Berge und Wälder. Der Baumbestand wechselt von dichtem Nadelholzwald, über dunkle Buchenwälder und lichte Esskastanienansammlungen. Überall blitzt der duftende, gelbe Ginster in Hülle und Fülle hervor.
Morgens rannte ein Reh vor uns davon, mittags wetzte ein Fuchs mit erhobenem Schweif von links nach rechts über den Weg und am Nachmittag quälten sich zwei Schildkröten über die Straße.


Ab mittags beginnt es dann wieder zu regnen und einige Passagen, die sehr langsam mit Untersetzung zu fahren sind, waren sehr „slippy“. Des Öfteren mussten wir durch tiefe verschlammte Wasserlöcher.
Wir kürzen erneut die Tour ein wenig ab und fahren über kleine, kurvige Asphaltstraßen. Als wir dem Track wieder folgen, schüttet es aus Kübeln und wir erreichen nach insgesamt 120km und 6 Stunden das Städtchen Karpenisi.
Nach einer Ausruhephase im Hotel und der Hoffnung, dass der Regen nun etwas nachlässt, machen wir uns auf, ein ansprechendes Abendlokal zu finden.


Viele Lokale und Geschäfte scheinen an (diesem?) Montagnachmittag – und abend zuzuhaben. Wir finden schon was, wenn auch nicht berauschend und anschließend sogar einen irischen Whiskey zum Tagesabschluss in einer Bar.


Dienstag, 13. Juni 2023
Da hatten wir ja gestern ein echt chices Hotel ausgesucht … abgesehen vom (ollen) dickflorigen Teppich, gab es keine Stühle auf dem Balkon, das Internet war „kaputt“ und ging von Montagnachmittag bis mindestens Dienstagfrüh nicht, damit war Kartenzahlung schon mal nicht möglich. Morgens gab es kein warmes Wasser, also fiel das Duschen erstmal aus. Das Frühstück - äußerst mittelmäßig – fand im Kellerraum statt. Tja, man kann es nicht jeden Tag so gut treffen, wie gestern. Jedenfalls erließ uns der Wirt/Rezeptionist vor lauter eigener Peinlichkeit um der Umstände 10€ des Zimmerpreises. Sie ham´s nicht bös gemeint, aber blöd gelaufen, bleibt blöd gelaufen.
Erstes Anliegen nach der Abfahrt ist es zu checken, woher das komische Geräusch während der Fahrt mit dem Jimny kam, das bereits gestern auftrat. Martin hat schon allerlei Überlegungen angestellt und legt sich unters Auto (nachdem er gestern bereits mit dem Gummihammer gegen irgendwelche Teile geklopft hat) und überprüft das Bodenschutzblech. Und tatsächlich sind zwei Schrauben etwas gelockert. Werkzeug wird ausgepackt und die Unbill beseitigt. Das komische Geräusch tritt nun nicht mehr auf und damit wird die erste Befriedigung des Tages eingefahren.
Nun geht es auf den Track der ACT Tour: wir schrauben uns über eine kleine Asphaltstraße am Fuße tief eingeschnittener Täler hinauf bis wir Schotter erreichen. In einspurigen Serpentinen geht es weiter bergauf, rechts von uns geht es mehrere 100m steil bergab – ohne Leitplanke. Oben auf 1600müM angekommen, in einer Landschaft jenseits der (hiesigen) Baumgrenze, strecken sich steile Felsen gen Himmel und tiefe Täler hinab nach unten.




Auf der ganzen Stecke – ca. 30km – begegnen wir nur 3mal anderen Fahrzeugen. Oben, bzw. bei der Abfahrt erreicht Martin dann der berühmte „Kurvenkoller“: er hat von Null auf Hundert keinen Bock mehr auf noch eine einzige Kurve und will sehr gerne das Lenkrad abtreten. Nur die Beifahrerin ist gar nicht drauf eingestellt und zuckt ein wenig zurück, ob der vielen, engen weiteren Kurven.
Also fährt der Maestro weiter. Die landschaftlichen Highlights heute haben wir mit Überfahren des 1600müM gelegenen Schotterpasses in den Mittelpunkt gestellt – und „erledigt“. Die Zu- und Abfahrten auf das, was man hier „Asphaltstrecke“ heißt, und was nicht immer durchgängig „Asphalt“ ist (mal Asphaltflecken, mal durchschossene Schotterstrecke), haben wir bewältigt.
Aufgrund der (ungeplanten) Albanienoffroadtur haben wir zunächst genug Schotter gesehen und erlebt und beschließen auf Tag 5 der ACT-Tour zu verzichten bzw. diese weitgehend zu umgehen.
Wir planen um und machen einen Schlafstopp in Kalampako - in der Nähe der Meteora-Klöster.
Wir finden ein hübsches Hotel am Fuße der Felsen, laufen noch in die Stadt hinein, laufen auch noch auf dem „Footpath“ zu einem Blick auf die Klöster und dann am Abend zum Abendessenlokal. Ein gelungener Tag neigt sich dem wohligen Ende.


Mittwoch, 14. Juni 2023
Ein tolles Frühstück wird uns im Erdgeschoss angeboten und wir langen zu. Dann geht es auf die morgendliche Tour zu den Meteora-Klöstern. Mit uns sind Reisebusse voll mit Touristen unterwegs und die Campingmobilisten, die schon die Nacht oben auf den Plateaus verbracht haben, sind auch schon da.
Es ist wirklich beeindruckend, wie die noch verbliebenen sechs Klöster (von ehemals 24!) sich im Vormittagslicht so wundervoll präsentieren. Schönheit pur! Dieses Mal besuchen wir keines der Kloster von innen. Wir cruisen von einem zum anderen und richten unsere Objektive auf sie.



Knapp vor mittags geht es dann gen Norden. Wir klicken uns wieder ein auf den ACT-Tour-Track Tag 5 und nehmen Kurs auf die Vikosschlucht. Über 1,5 Stunden führt uns die wunderbare, kleine Bergstrasse serpetinenauf- und abwärts dem Ziel entgegen. Einen Zwischenstopp gibt es noch in Metesova, dem außerordentlich hübschen, touristisch hergerichteten Dorf, auf halben Wege. Dort kaufen wir Honig für unsere freundlichen Housekeeper ein.


Wir werden beballert mit tollster Landschaft: Bergen, die sich recken und Wäldern, die sich strecken und blühendem Gewächs in gelb, lila und weiß.


Am Nachmittag kommen wir am Ende des Tourtracks von ACT Tag 5 an, parken auf dem kleinen Parkplatz und laufen die 200m bis zum phänomenalen Aussichtpunkt Oxya und stürzen quasi hinab in die gewaltige Vikos-Schlucht.


Auf dem Rückweg aus der Sackgasse finden wir noch den „Steinwald“, wirklich tolle Naturphänomene, aufgeschichtete Steinplatten, die aussehen wie alte Tempelanlagen und dazu trotzdem keine Menschenhand brauchten.


Wir versuchen noch die Schlucht zu umfahren, um einen anderen Einstieg von unten zu finden, was misslang wegen des dichten Grüns um diese Jahreszeit. Auf dem Weg zum anderen Ende geben wir Koukouli als Ort ins GoogleMaps ein und es schickt die Info „Mehr Verkehr als gewöhnlich“ und „Verzögerung um 20 Minuten“ – was uns verwundert. Des Rätsels Lösung ist eine dekorative, fotogene Steinbrücke, an der Menschen sich zum Zwecke des Fotostopps länger aufhalten und dadurch die „Smartphone-Aufenthaltsdauer“ (für GoogleMaps das entscheidende Merkmal“) zu obigen Fehl-Infos führt.


Nun ist es genug für heute und wir steuern eine Bleibe in Monodendri an, einem in 2011 neu belebten Touri-Ort in der Nähe. Der abendliche Walk über die skurrilen Steinstraßen verschafft hübsche Einblicke.
Wir finden noch eine nette Taverne für´s Abendessen und diesmal guten griechischen Wein. Martin sagt, es ist das beste griechische Essen bislang auf dieser Reise.


Donnerstag, 15. Juni 2023 und Freitag, 16. Juni 2023
Nach dem Frühstück und Bezahlen im Hotel verstauen wir unsere Taschen im Jimny und laufen noch los zu einem kleinen, verlassenen Kloster. Eine Stunde sind wir unterwegs (hin und zurück) über den mit den Steinen aus der Landschaft bewehrten Weg.


Jetzt geht es los nach Igoumenitsa – und wir wählen „Autobahn vermeiden“ und geraten auf eine bezaubernde Straße durch die Berge.
In Igoumenitsa steuern wir den Hafen an und kaufen ein Fährticket nach Bari. Um Mitternacht soll das Schiff ablegen. Um uns die Zeit zu vertreiben, fahren wir raus zu den weitläufigen Stränden und stellen unsere Campingstühle auf. Aber länger als eine Stunde können wir dort nicht bleiben – obwohl es superschön dort ist, weil gewaltige Winde aufkommen und uns umblasen.


Somit fahren wir am Nachmittag wieder in die – noch Siesta gebremste – Stadt hinein. Wir müssen noch 8 Stunden rumbringen bis zur Abfahrt: Hörbuch zu Ende hören, gefülltes Pitabrot verzehren und auf dem Handy surfen. Ab ca. 20Uhr regnet´s wie aus Kübeln. Einige der großen streunenden Hunde warten aufmerksam ab, wenn ein Mensch durch die automatischen Türen ins Hafengebäude geht und versuchen dort drinnen eine trockene Ecke für die Nacht zu finden.
Die Autos, LKW und Wohnmobile, die auf die Fähre wollen, dürfen ab 21:30Uhr an das Dock 7 fahren. In langen Staus stehen alle an. Es regnet weiterhin, was das Zeug hält.
Die Fähre kommt verspätet an und das Einfahren in den Bauch des Schiffes ist nicht ohne: wir und alle Autos, die ins unterste Deck sollen, müssen die letzte Rampe rückwärts runterfahren. Energische Fährmitarbeiter weisen in den Landessprachen und gestikulierend an: „links, links“, „sinistra, !!“, „right, right, right – straight back!“. Eng auf eng stehen die Autos geparkt.
Mit einer halben Stunde Verspätung geht es dann um 0:30Uhr los und wir sind ganz froh, nun endlich unsere Kabine beziehen zu können.
Um 9Uhr morgens soll die Fähre laut Plan in Bari ankommen. Ab 8Uhr sind wir bereit und warten auf die entsprechende Lautsprecherdurchsage, die den baldigen Einlauf in den Hafen ankündigt. Schon sieht man die Küste Italiens. Obwohl es zuerst noch heißt um 9:30Uhr, dass in 30 Minuten mit dem „Debarking“ begonnen werden kann, kommt dann 20 Minuten später eine weitere Durchsage, dass das Schiff noch keine Erlaubnis erhalten habe, in den Hafen von Bari einzulaufen. Daran ändert sich auch nichts mehr bis mittags. Letztendlich sind wir gegen 13Uhr endlich von Bord und wieder einmal darin bestätigt, dass Fähre fahren, alles andere als entspannt ist.
Das zum Thema „superschnell“, womit die Reederei in ihrem Namen wirbt.
Um auf andere Gedanken zu kommen und weil wir ja auch noch nie hier waren, parken wir unseren Jimny nahe der Altstadt und gucken uns diese an. Bari beeindruckt durch die architektonische und kulturelle Vielfalt, die durch die jahrhundertelange Besetzung durch Araber, Normannen und andere Völker hinterlassen wurde.




Am Nachmitttag fahren wir dann weiter zum Stiefelsporn des italienischen Stiefels: zum Gargano. Der Gargano erhebt sich mit seinem Gebirge auf über 1000müM und offeriert wunderbare Küstenstraßen und lange Sandstrände. Ausgedehnte Olivenhaine erstrecken sich über weite Ebenen. Wir steuern kurz hinter Vieste einen Campingplatz an, bekommen dort mit unserem kleinen Auto und mit Zelt einen „Katzenplatz“ in einer Ecke für zwei Nächte.
Unmittelbar vor unserem Campingplatz am Meer entdecken wir eine komische Holzkonstruktion und erfahren, dass das eines der letzten verbliebenen Trabucci ist: eine alte, ökonomische Anglerkonstruktion. Ein großes, rechteckiges Netz, das horizontal eingespannt ist, kann abgesenkt werden, um an besonders geeigneten Küstenabschnitten, wo Fischschwärme von der Meeresströmung quasi in die Netze hineingespült werden, einen guten Fang zu machen.


Bei lauem Sommerwetter und kräftigem Wind gehen wir am Abend direkt am Meer in einem Lokal vorzüglich essen und sitzen hernach noch lange vor unserem Zelt bei Wein und dem verbliebenen Ouzo.


Samstag, 17. Juni 2023
Ausgeschlafen, Wäsche gewaschen und aufgehängt und nach dem Cappuccino und den Dolce in der Bar geht es hinein nach Vieste, der kleinen Stadt auf dem Sporn. Wir schlendern durch die mittelalterlichen Gassen und erklimmen mehrere der steilen Treppen, die die Stadtviertelchen verbinden. Wir kaufen Mitbringsel für die Enkelkinder und begucken den Dom, die Burg von außen und die Strandpromenade.





Den Nachmittag verdösen wir auf dem Campingplatz, am Strand und in einer Bar und spielen ein wenig dolce far niente.


Sonntag, 18. Juni 2023
Dieses Mal schaffen wir´s ganz gut, dass Wurfzelt wieder zusammenzulegen – nur dass Martin kurz bevor wir das Zelt aufs Autodach verfrachten einfällt, dass er sein Smartphone im Zelt liegen gelassen hat. Also nochmal auseinanderfalten und nach dem Smartphone geangelt und dann erneut zusammenachtern. Übung macht den Meister.
Wir fahren ca. drei Stunden an der Küste Richtung nach Nordwesten bis Marina di San Vito. Dabei war auffällig, wie viel Zeit es benötigt, um aus dem Gargano auf Winzstraßen sich heraus zu schälen.
Wir starten die ACT Tour Italien mit dem beschriebenen 5. Tag, also „rückwärts“ fahrend und  beginnen an einem als Restaurant genutzten Trabucco. Wir finden schnell den Einstieg und erklimmen luftige 1000müM in kurzer Zeit. Einige Strecken sind offroad, die meisten jedoch kleine Onroadstraßen. Wir kommen bis auf annähernd 1700müM hoch und streifen ein Skigebiet im Nationalpark Maiella. Mächtige, teilweise noch schneebedeckte Berge, umrahmen das Szenario. Dann geht es auf Asphalt einspurig in vielen engen Kehren einen steilen Hang hinunter.


Als es Abend wird, beschließen wir in L’Aquila ein Hotel zu suchen, was sich durchaus als schwierig erweist, weil viele der kleinen Straßen und Gassen entweder Einbahnstraße sind oder die vorherrschende Bautätigkeit Sackgassen erzeugt. Es ist schon erschreckend zu sehen, dass ganz viele Häuser als mit Stahlträger stabilisierte Ruinen dastehen und Baukräne das Bild der Stadt bestimmen. Das Erdbeben von 2009 hat noch gewaltige Spuren hinterlassen.
Als wir das gesuchte Hotel belegt haben und unsere Klamotten abgelegt haben, machen wir uns auf zu einer Stadtrunde und gesellen uns zu den vielen Flanierenden, die den Sonntagabend genießen.


Montag, 19. Juni 2023
Am Morgen streben wir von L’Aquila aus wieder auf den Track zu. Schon gleich beim ersten Stück kommt dieser gut schlottrig daher und Martin beschließt, die Luft aus den Reifen etwas abzulassen. Es geht rumpelnd ca. 40 Minuten bergauf.


Auf dem nächsten Stück wird es noch krasser und nicht ohne: stark ausgewaschene Rinnen, grober Schotter, fahren mit Untersetzung, ist angesagt. Trotz aller Vorsicht und behutsamen Lenkens fahren wir uns doch einmal fest.


Es wird schon schwierig, überhaupt aus dem Auto auszusteigen, auch die Sicherheitsgurte lassen sich nicht mehr anziehen. Daniela geht ordentlich die Muffe. Martin bleibt cool und schaltet die hintere Differentialsperre ein, fährt ein wenig rückwärts und wieder vor, dasselbe noch einmal und dann sind wir auch wieder befreit. Danielas Adrenalingehalt im Blut braucht seine Zeit, um wieder auf Normalniveau zurückzufinden.


Im Ort Posta kann man den Track nicht mehr weiterfahren, weil die Straße wegen Bauarbeiten gesperrt ist. Darum gibt es eine Planänderung: vor 16 Jahren waren wir schon mal im „Linsental“, damals im August als alle Linsen schon abgeblüht waren. Jetzt wäre die ideale Zeit für das erwartete Farbenspektakel. Der dazugehörende, namengebende Ort Castelluccio wurde 2009 und 2016 durch Erdbeben komplett zerstör. Auf dem Weg ins Linsental haben wir viele Dörfer gesehen, die ordentlich durch das Erdbeben von 2016 sehr zerstört wurden. Es begleitet uns den ganzen Tag eine gedrückte Stimmung, diese umfassenden Schäden so hautnah zu sehen.
Das Linsental selbst ist eine Offenbarung - auch wenn anscheinend die diesjährige Blüte etwas verspätet zu sein scheint.



Anschließend geht es nach Leonessa, einem Örtchen, das über 900m hoch liegt. Das für die ACT Tour vorgeschlagene Hotel Torre dort ist dauerhaft geschlossen. Wir finden dann aber noch eine nette Unterkunft bei einer Dame, die Zimmer in ihrem Haus vermietet. In der in Altstadt gelegenen Bar/Pasticceria bekommen wir auf Anfrage sogar einen Negroni, nachdem ein anderer Gast der Bedienung sagt, wie man den mixt. Am Abend besuchen wir eine Pizzeria, wo die Pizza hervorragend schmeckt, allerdings das Ambiente durch fehlenden Rotwein im Angebot und Plastikbecher etwas leidet.


Dienstag, 20. Juni 2023

Morgens sind wir noch schnell durch den Bogen in die Altstadtstraße gelaufen und haben in der kleinen Pasticceria von gestern super gefrühstückt. Dann suchen wir den Einstieg zum Track ACT 4 und finden ihn nach kurzer Zeit (dank ans Zumo).
Zunächst geht es in kleinen Asphaltkurven dahin, die aber bald in „gemütlichen“ Schotter übergehen. Die Route führt durch Buchenwälder, die uns an Slowenien und Oberbayern erinnern. Witzig ist, dass ca. alle 50m ein gelbes Schild darauf hinweist, dass hier reglementiertes Trüffelsuchgebiet ist (Raccolta tartufa reservato). Also is nix, mit dem eigenen Trüffelschwein auf Suche zu gehen.



Später geht es dann in engen Schotterkehren steil bergab und zweimal, einmal ein einzelner Fahrer und einmal eine Gruppe von Schweizern, kommen uns Motorradfahrer entgegen. Auch ACT Fahrer vermuten wir, nur fahren die „richtigherum“.
Wir genießen weite Blicke in die 1000m tiefen Täler neben unsere Fahrtspur. Die Edelkastanien stehen in voller Blüte: wie weiße Sterne bedecken die Blüten die Bäume.
Nach der dritten Holterdipolter- und Durchschüttelschotterstrecke, verlieren wir den Spaß am Gerumpel und kürzen den Track ab und steuern den Lago di Bolsena an. Dort beziehen wir einen netten Campingplatz für kleines Geld und wandern – nachdem wir das Zelt geworfen und unser Lager bereitet haben – bei unglaublicher Hitze am See entlang hinein nach Bolsena

Abends speisen wir im guten, wenngleich touristisch versierten, Platzrestaurant und sitzen dann noch lange vor unserem Zelt.


Mittwoch, 21. Juni 2023
Der kleine Campingplatz am Lago di Bolsena war echt nett. Die Sonne knallt schon früh aufs Zelt und weckt uns. Heute ist der längste Tag des Jahres und der offizielle Beginn des Sommers.
In einer halben Stunde erreichen wir Orvieto und parken unterhalb der Stadt auf dem Gemeindeparkplatz. Dann geht es über etliche Rolltreppen hinauf in die Altstadt. Diese begeistert uns enorm. Wunderschöne Gebäude, ein beeindruckender Dom und schmale Gassen. 


Orvieto hat sich der Kooperative „Cittàslow“ angeschlossen und das ist – trotz des touristischen Aufkommens – sehr gut zu spüren: keine Hektik, kein Geschreie. Wir schlendern noch bis zu der architektonischen Meisterleistung aus dem frühen 16. Jahrhundert, dem St. Patricks Brunnen. Zwei gegeneinander laufende Wendeltreppen, wie eine Doppelhelix, führen gut 53m in die Tiefe.
Mittlerweile ist es so heiß, knapp 30°C, und wir nehmen zurück zum Parkplatz lieber den städtischen Bus. Das wird eine heiße Fahrt: der Bus ist zwar klein, aber die alten Mauern der Gassen stehen so eng zusammen, dass es eine prickelige Kurventour wird. Natürlich macht der Busfahrer das so souverän, dass nichts passiert - außer Nervenkitzel.

Wir steigen wieder in unseren, mittlerweile stark aufgeheizten, Jimny, verlassen Orvieto und scheren ein in den Track ACT 3. Wir trullern hinein in die Toskana und ihre wunderschöne Landschaft mit den Zypressen und den endlosen hügeligen Feldern. Teil auf schmalen Asphaltstraßen, teils auf „braven“ Schotterstraßen. Allerlei Burgen, Fortezzas und Türme auf Hügeln begleiten unseren Weg.

Am frühen Nachmittag verlassen wir den Track und fahren nach Sarteano zu dem einzigen Campingplatz weit und breit. Teuer ist der, weil er als Besonderheit drei Schwimmbecken, gespeist aus Thermalwasser, offeriert. Einziges Manko: Daniela, die das Schwimmen so liebt, hat ihren Badeanzug daheim vergessen. Also bei 32°C nochmal reingelaufen in den Ort, wo in der heißen Siestapause alles noch schläft. Ein kühles Tonic bringt uns wieder in Schwung. Als dann kurz vor 17Uhr der kleine örtliche Laden wieder aufmacht, wo es „Costume de bagno“ geben soll, ist es dann doch keine Option (zu teuer, alle ausgepolstert im Brustbereich für andere Figuren und grauenhafte Farben und Formen). Also wird es nichts mit dem Thermalquellenbad, auch Martin kann sich nicht entschließen ins kühle Nass zu hüpfen.

Nach einer ausgiebigen Dusche und in neuer, frischer Kleidung geht es dann nochmals hinein ins Örtchen zu einer, der wenigen offenen, Pizzeria. War aber ziemlich gut.
Den Abend genießen wir lesend und schreiben vor dem Zelt und freuen uns, dass um 21Uhr „nur noch“ 26°C hat.


Donnerstag, 22. Juni 2023
Heute nehmen wir uns die zweite Hälfte des Track 3 vor, natürlich wieder in umgekehrter Richtung. Vom teuren Campingplatz aus fahren wir knappe 20km, um wieder in den Track einzusteigen.
Von einem wahren Blütengewitter in gelb, dunkelrot und lila werden wir empfangen. Toskanische, sanfte Landschaft um uns herum, eine echte Augenweide.



Nach gut einer Stunde, da wo sich die Landkreise Siena und Grosseto die Hand reichen, wechseln wir auf Schotter über und bewegen uns auf einer Art Kammstraße: zu beiden Seiten fällt die Landschaft in Hügeln ab.


Als wir in Pienza, wo wir schon mehrfach auf früheren Reisen pausierten, auch heute einen Cappuccini/Paninistopp machen, empfinden wir den dort überall sichtbaren und im Geldbeutel spürbaren touristischen Overkill als eher nervend und unangenehm und sind froh, uns bald wieder auf unseren einsamen Track zu begeben. Wir erleben die Toskana auf Nebenstraßen völlig anders, viel entspannter und gleichzeitig spannenender als das Bild, das beim Ansteuern der touristischen Hotspots entsteht.
Weiter geht es auf einer der Strade bianche. Als diese anspruchsvoller wird, weil gröbere Steine und zum Teil ausgewaschene Rillen den Charakter bilden, schreitet direkt vor unserem Auto ein Reh hoheitsvoll von rechts nach links über die Fahrbahn. Bei der Hitze des heutigen Tages, 34°C !, verstehen wir das Reh gut: bloß nicht hetzen. Lustigerweise zeigt das Navi an, dass wir uns auf der Strada Provinciale des Monte Amiata befinden. So können ganz normale, für den Verkehr freigegebene Straßen aussehen.




Am Nachmittag erreichen wir den Lago Trasimeno und den gleichlautenden Campingplatz. Hauptkriterium beim Aussuchen des Platzes: Schatten!
Abends gibt es im Platzrestaurant einen BBQ-Abend und die Hoffnung auf etwas Abkühlung im nächtlichen Zelt schwindet zuletzt. Und am späteren Abend flitzen Glühwürmchen durch die Büsche – zuletzt gesehen vor über 40 Jahren!


Freitag, 23. Juni 2023
Nach der Abfahrt vom Campingplatz Trasimeno füllen wir noch unsere Trinkvorräte und den Benzintank des Jimny auf. Dann führt uns der Track ACT Tag 2 schnell hinauf auf über 700müM mit Blick auf den See.
Eine Gruppe von deutschen Geländewagenfahrern sammelt sich am Straßenrand zum Panoramafotoschießen. Sie bleiben dann immer knapp hinter uns auf den nächsten Kilometern. Die Strecke ist stark herausfordernd: grobe Steine, Stufen, Pampe in den großen Pfützen.
Unter Trial mäßigen Gesichtspunkten war das für Martin die schönste und abwechslungsreichste Strecke der ganzen Reise.



Den Tag über geht es über leichte Schotterpisten und schöne, kleine Asphaltstraßen voran. Kurz hinter Gubbio steigen wir für heute aus und suchen uns ein Hotel nahe der Altstadt.
Dann erkunden wir das mittelalterliche Gubbio mit seinen engen Gassen und den sich plötzlich weitenden Plätzen. Prunkvolle Paläste aus vergangenen Jahrhunderten wispern viele Geschichten.
Mit der stadteigenen Funivia, einem kuriosen Käfiglift, der bereits seit 1960 in Betrieb ist und der auf den Hausberg zur Basilica di S. Ubaldo auf 803müM hinauffährt, erleben wir einen netten, kleinen Nervenkitzel.




Abends fallen wir in unsere schon nachmittags entdeckte Bar ein und erleben bei beginnendem Regen einen kulinarisch belebenden und akustisch gewaltigen Abend mit einigen Dutzend Italiener:innen, inklusive Bambini, auf der regengeschützten Veranda. Das Erstaunliche ist, dass der gewaltige Lärmpegel der Gespräche der Einheimischen genau zwischen 19:30Uhr und 21Uhr Raum fand. Um 21Uhr war der ganze Heuschreckenschwarm fort und Ruhe kehrte ein – und wir gingen beschwingt heim zum Hotel.










Samstag, 24. Juni 
Die letzte Offroadtour der Tour steht an: von Gubbio nach Scheggia, dort geht es durch ein schmales Tal über kurvenreiche Straßen, wo man in jeder Kurve hupen muss, um den entgegenkommenden Verkehr zu warnen. Vor Isola Fossara geht es nach ca. 10km in Richtung Berge über schmale Kurvenstraßen hinauf und hinauf auf über 1400müM. Pferde und Kühe sind hier heraufgetrieben worden, um im Sommer bei der Hitze noch satte Weiden zu finden.



Wir kraxeln auf den Monte Catria mit dem Jimny hinauf und können weit ins Land hineingucken.

Abends landen wir in Città di Castello und beziehen wieder ein Hotel. Abendessen gibt es im Keller, und ein Spaziergang durch die Stadt beschließt den Tag.



Sonntag, 25. Juni 2023

Kilis 35. Geburtstag! Wir gratulieren per WhatsApp. Unser Frühstück findet wieder in dem Kellerraum statt, wo gestern das Abendessen serviert wurde. Eher durchschnittlich.
Wir fahren gegen 9:30Uhr ab aus Città di Castello und steuern die Route durch die Berge an. Aufmerksamkeit ist gefordert, da viele potenzielle zukünftige Motorradrennfahrer in den engen Kurven unterwegs sind. Riskante Überholmanöver sind der Standard.
Wir erreichen Urbino um die Mittagszeit, parken den Jimny auf dem großen öffentlichen Parkplatz unterhalb der Stadt und fahren mit dem Aufzug für 1€/Person vier Stockwerke hinauf in die Altstadt. Auch wenn uns nicht so das Flair von Orvieto ergreift, ist doch diese kleine Stadt mit ihren vielen monumentalen Renaissancebauten sehr beeindruckend. Wir laufen steil bergauf und tapern Treppen und Rampen wieder hinunter für knapp zwei Stunden.






Dann verlassen wir Urbino mit dem Ziel Ravenna. Aber daraus wird zumindest heute nichts mehr, weil dicke Staus auf den nördlich führenden Straßen die durchschnittliche Fahrgeschwindigkeit ausbremsen. Wir beschließen dann – im laufenden Galopp (bzw. Schritt) - statt Ravenna heute einen Campingplatz an der Adriaküste zu wählen. Das Wetter ist gut, die Auswahl an Campingplätzen ebenfalls – nur, dass wir einen 5 Sterne Campingplatz wählen, auf dem es nur noch EINEN freien, und teuren, Platz gibt. Sei´s was drum.

Wir waschen nochmal Wäsche und hängen sie auf und suchen ansonsten Schatten bei den vorherrschenden knapp 30°C.
Am Abend fürstlich und teuer gespeist im Campingrestaurant bei reserviertem Tisch: Spaghetti Scolgio und Fischspieße und gegrilltes Gemüse. Lecker.
Von weitem und von nebenan, schallt die Musik des Animationsprogramms. Uns stört das in der Nachtruhe nicht, meistens können wir trotzdem gut schlafen.


Montag, 26. Juni 2023
Gottseidank liegt unser Platz morgens im Schatten, so dass die Erfrischung durch die Dusche morgens auch noch anhält, bis wir unsere Plünnen wieder alle eingepackt haben.
Dann geht es die gut 30km bis Ravenna über die Landstraße. Wir können dort unser Gefährt nahe der Altstadt parken und laufen über eine Art Fußgänger- und Fahrradstraße hinein zu den berühmten Gebäuden aus dem 5. und dem 6. Jahrhundert. Uns fallen die vielen Fahrradfahrenden aller Altersklassen auf und uns beeindruckt die lässige Atmosphäre Ravennas.





Nachdem wir uns ein Ticket für die Besichtigung von drei der byzantinischen Basiliken gekauft haben, besichtigen wir als erstes San Vitale mit den berühmten Mosaikbildern in der Apsis. Es ist schon unglaublich mit welcher Strahlkraft, die vor über 1500 Jahren in fieseliger Kleinarbeit geschaffenen Abbilder des oströmischen Kaiserpaars Justinian und Theodora auch heute noch auf uns wirken.



Wir schlendern – immer im Schatten, denn es ist bereits am Vormittag ordentlich heiß – durch die Stadt und besichtigen noch die Basilika Sant´ Appolinare Nuovo. Der Ostgotenkönig Theoderich ließ die Kirche als seine Hofkirche erbauen. Wunderschöne, großflächige Mosaike schmücken beide Seiten des Mittelschiffs. Nach zwei Stunden beenden wir den Gang durch Ravenna und setzen unsere Tour gen Bassano del Grappa fort.
Am Abend erreichen wir den uns wohl bekannten und von uns geliebten Campingplatz Santafelicita in Borso del Grappa und im Gegensatz zum letzten Mal, als wir hier waren, bekommen wir auch einen Platz. Freundlich schweben die Gleitschirmflieger hoch über unseren Köpfen wieder im abendlichen Himmel.
Das Essen in dem Restaurant L´Antiqua Abbazia ist wieder ein Genuss und Erlebnis.


Dienstag, 27. Juni 2023
Grottenheiß ist es schon morgens. Etwas unschlüssig sind die verschiedenen Wetterapps, wann heute Regen und wie viel kommen soll. Sicherheitshalber wird das Zelt mit ein paar Heringen abgespannt.
Gleich in der Früh fahren wir über die 28 Tornanten hinauf zum Gipfel des Monte Grappa und wollen noch einmal die Schützengrabenwanderung machen, die wir 2011 unternahmen. Aber daraus wird nichts, weil die zuführende Straße, die schon vor zwei Jahren beschädigt war (aber wir kamen damals noch durch mit den Motorrädern), nun komplett nach 1,5km gesperrt ist.


Schade, schade … darum brausen wir wieder hinab und zum Centro Commerciale nach Bassano del Grappa. Dort gibt es zumindest Aircondition und wir kaufen ein paar wenige italienische Typicals ein (Felce Azzurro und Sgratiatore). Dann fahren hinein nach Bassano und laufen ein wenig herum. Aber es ist so heiß, 31°C, dass es uns nicht zu lange dort hält und wir wieder in Richtung Campingplatz fahren. Sogar auf die liebgewonnene Tradition verzichten wir wegen der Hitze: einen Rosso di Nardini an der Ponte degli Alpini.
Der angekündigte Regen setzt dann – verhältnismäßig harmlos – gegen 16Uhr ein. Martin hat vorgesorgt und eine Markise installiert, unter der wir Schutz finden können.


Aber schon um 17Uhr scheint der Spuk vorüber zu sein und die Wolken haben sich verzogen. Bei jetzt angenehmen 24°C lässt es sich wieder besser aushalten.


Mittwoch, 28. Juni 2023
Wir wachen früh am Morgen auf und können uns ewig Zeit lassen, das Zelt zusammenzulegen, die Luft aus der Matratze zu pressen, den Tisch in seine Einzelteile zu zerlegen und die Stühle wieder in ihre Taschen zu stecken, denn die Rezeption macht erst um 9Uhr auf und ohne zu bezahlen, wollen wir ja doch nicht abfahren.
Von Bassano del Grappa tuckern wir an Feltre und Belluno vorbei hinein in die Dolomiten. Immer wieder sind wir überrascht, dass es noch eine Steigerung des optischen Overkills gegenüber den auf dieser Reise gesehenen Gebirgserscheinungen gibt.
In Cortina d´Ampezzo, wo 1956 olympische Spiele stattfanden und 2026 erneut stattfinden werden, machen wir uns bei einem kleinen Rundgang ein Bild von den absurden Preisen in den Geschäftsauslagen und auf den Restauranttafeln. Rund um Cortina d´Ampezzo sind die atemberaubenden Skiabfahrten- jetzt in grün -  auch jetzt im Sommer gut zu erkennen.
Wir verabschieden uns von Italien für dieses Mal mit einem Fotostopp im Höhlensteintal auf die Drei Zinnen und versprechen, die Dolomiten demnächst nochmal intensiver zu erkunden.


Durch das weiträumige Pustertal geht es über die italienisch-österreichische Grenze hinab nach Lienz, wo wir wieder auf einem Campingplatz auf eine Zeltwiese unser Zelt werfen. Dann geht es fußläufig hinein ins kleine Städtchen. Ist zwar nett anzuschauen, aber haut uns nicht vom Hocker. Viele Italiener:innen sind hier als Touristen unterwegs. Uns freut es, mal wieder österreichisch am Abend zu essen.


Donnerstag, 29. Juni 2023
Am Morgen packen wir früh zusammen und fahren durch ein Bilderbuch Austria durch Döllachtal nach Heiligenblut durch die Mautstation an der Großglocknerhochalpenstraße. 40€ sind zu berappen, die sich gänzlich lohnen.
Serpentine um Serpentine krabbeln wir mit unserem Jimny schnell hinauf auf über 2000müM. Alles liegt im vollen Sonnenschein und an der Kaiser-Franz-Josef-Höhe auf 2369müM haben wir freien Blick auf den Großglockner und den Gletscher Pasterze. Viele Autos und Motorradfahrer sind unterwegs, aber alles ist bestens organisiert auf der Tour (Parkhaus für die PKW und Parkbuchten für die Moppeds). Murmeltiere balgen sich auf der Almwiese.







Dann stoppern wir die weiteren Stationen auf der Panoramastraße ab und sind vor allem voll begeistert vom Aussichtspunkt Fuscher Törl und von der Edelweißhütte. Bei beiden Stationen herrscht äußerst reger Verkehr und sogar sechs Mercedes-Erlkönige kreuzen unseren Weg mehrfach auf ihrer Testfahrt.
Nach guten vier Stunden haben wir die Großglocknerhochalpenstraße geschafft und verlassen die nördliche Mautstation bei Ferleiten. Jetzt braucht es einen Kaffee und ein Eis und wir wählen Zell am See und sind bass erstaunt, als wir im Ort jede Menge arabisch-muslimische Familien sehen. Wir lesen später nach, dass v.a. die Saudis sich seit gut zehn Jahren Zell am See als „Gaudirabien“ erkoren haben und dort viel Geld lassen und sich wie Bolle freuen, wenn es mal regnet.
Das nächste Ziel des Tages soll dann noch Salzburg sein – mit dem Unterziel wieder einmal Salzburger Nockerl (nach Jahrzehnten der Abstinenz) zu probieren. Aber außer einem kurzen Sightseeing durch die Stadt wird nichts draus. 22€/pro Portion finden wir absurd und beschließen, die Nockerl zuhause selbst zu erstellen. Insgesamt empfinden wir Salzburg als bombastisch, aufgemotzt und viel zu teuer.


Also fahren wir innerhalb von 30 Minuten zurück nach Deutschland, nach Teisendorf in Bayern und checken ein in einen Landgasthof. Dort ist alles tippitoppi, das Zimmer, die idyllische Location und abends gibt es sehr gutes Essen im eigenen Lokal.


Freitag, 30. Juni 2023

Es war super gestern in dem kleinen Landgasthof: bestes Wetter, nette sauberes Zimmer, Balkon mit Blick auf einen Storch auf dem Telegrafenmast, gutes Frühstück.
Wir fahren zufrieden ab morgens. Uns treibt es weiter gen Norden. Ein vormittäglicher Abstecher in Altötting passt noch rein: skurriler praktizierter Katholizismus und Scharen von hergeschickten Abiturient:innen auf dem Weg zur Verleihung.
Wir tapern weiter bis Landshut, nicht wissend, dass ab heute die Landshuter Hochzeit startet, das erste Mal nach Corona. Die Altstadt und Neustadt sind geschmückt und vorbereitet für das große Event.


Wir fahren an diesem Nachmittag noch weiter bis in die Oberpfalz und enden am Gasthof Turm in Grünhaid. Mittlerweile regnet es wie aus Kübeln, aber wir finden dort ein nettes Quartier und speisen im hoteleigenen Restaurant – mittenmang von 20 älteren Franzosen, die dort als Gruppe Quartier bezogen haben.


Samstag, 1. Juli 2023
Am Morgen ist´s nicht mehr regnerisch, noch gute 250km bis Eichholz, nahe Doberlug-Kirchhain zum 10jährigen Fest des Pfadfinder-Hofprojekts. Wir stecken im Stau vor Dresden, sind aber gelassen, weil wir den Rest des Hörbuchs von Martin Suter hören.
Große Freude am Wiedersehen mit den Enkelkindern und Söhnen beim „Hofprojekt“. Wir bleiben 1,5 Stunden und düsen dann heim nach vier Wochen des Unterwegsseins und erreichen Berlin am späten Nachmittag.


Fazit:
Wir hatten vier tolle Wochen zusammen mit jeder Menge Erlebnissen und einer atemberaubenden Natur. Der Jimny, als kleinster Geländewagen der Welt, hat nicht nur uns beide gut über die knapp 7000km kutschiert, sondern auch ohne Weiteres eine Campingausrüstung im Inneren bzw. auf dem Dachträger transportiert. Wir haben viel mehr gecampt als wir es ursprünglich vorhatten. Auf eine Ausstattung zur eigenen Essenszubereitung haben wir verzichtet, einmal weil wir ganz neugierig waren auf die lokalen Leckodauzien, die man in den Restaurants bekommt, und zum zweiten, um ein wenig Platz für Mitbringsel zu haben.
Der Jimny sagt: „In der Ruhe liegt die Kraft“, die auch hinter uns Fahrende haben müssen, wenn es steile Bergstraßen zu erklimmen gibt. Es geht halt nicht schneller. Dagegen war die Offroad-Performance perfekt: keine Straße war zu eng, zu verworfen oder zu steil – wenn man´s kann wie der Maestro und sein Jimny.
Zu Albanien: Es war ja unsere erste Begegnung mit dem Land und wir waren positiv beeindruckt von der freundlichen, entgegenkommenden Art der Menschen, deren Bemühungen um Fremde auch bei uns angekommen sind. Uns gefiel Albanien sehr und wir denken darüber nach, wiederzukommen.
Zu Griechenland: Hier waren wir jeweils ja in früheren Jahren schon öfter. Und zusammen im Herbst 2014 – damals mit jeder Menge Regentagen. Das war dieses Mal anders: viel Sonne, wilde, überbordende Natur und eine große Unkompliziertheit beim Reisen.  Auch wenn wir nur ausgewählte Abschnitte der ACT Tour Griechenland gefahren sind, so hat doch die Bergwelt in ihrer Unversehrtheit und durchaus gewaltigen Schönheit unsere Erwartungen erfüllt.
Zu Italien: Auch wenn wir Griechenland bei dieser Reise durchaus positiv wahrgenommen haben, so schlägt unser Herz doch noch mehr für Italien. Wir fühlen uns hier mehr beheimatet und empfinden eine größere Vielfalt bei den Landschaften, in der Gastronomie usw. Vor allen Dingen haben wir die Toskana bei dieser Reise nochmal anders erleben dürfen: auf den Nebenstraßen und im Hinterland gibt sie ein ganz anders Bild ab als in den touristischen Hotspots.