Sonntag, 04.07.2021
Der zweite „richtige“ Urlaub in diesem Jahr führt uns in den Harz.
Schon vor Wochen hat Martin eine Ferienwohnung in Quedlinburg gebucht, um unserer Autarkie auch bei eventuell erhöhten Inzidenzzahlen aufrecht zu erhalten.
Wir reisen bei strahlendem, heißem Sommerwetter auf unseren beiden großen Moppeds an, das kleine Gepäck in der Packtasche hintendrauf. Es geht durch Brandenburg und Sachsen-Anhalt bis an die Elbe, dort übergesetzt auf der Fähre und nach 210km sind wir am Nachmittag im schönen, mittelalterlichen Quedlinburg. Wir tun uns schwer, die richtige Zufahrt auf den Kopfsteinpflastergassen zu unserer mitten in der Altstadt gelegenen Unterkunft zu finden, werden dann aber belohnt mit einer super ausgestatteten, großzügig geschnittenen Wohnung.
Hinein geht es am Abend in die Stadt und wir sind begeistert, ob der Schönheit der renovierten Häuser und dem Ambiente. Obwohl die Inzidenzzahlen extrem niedrig sind im Landkreis Harz (unter 0,5 !), sind die AHA-Regeln weiterhin in Kraft und erschweren, da wir nicht reserviert hatten, zunächst den Restaurantbesuch am Abend.
Aber dann doch, gleich um die Ecke unserer Behausung, kehren wir ein bei „Himmel und Hölle“ und bekommen Flammkuchen und sehr guten deutschen Wein.
Montag, 05.07.2021
Es ist nicht mehr ganz so heiß am nächsten Morgen, jedoch warm genug, dass wir auf dem Marktplatz in einem Café frühstücken gehen.
Dann machen wir uns auf zur ersten Tour auf den kurvenreichen Straßen des Harz´ zur Talsperre Rappbodetalsperre mit der längsten Hängebrücke der Welt (?). Die Tenère-Fahrerin hat noch ordentlich Bammel vor den Kurven und bekommt die eine oder andere Empfehlung vom persönlichen Guide. Üben üben üben …
Eigentlich wollten wir den Brocken hinauffahren, um die Hexen dort oben zu besuchen, aber eine kräftige Regenhusche verhindert das und beim Unterstellen nahe Brockenbahn erzählt uns dann auch ein passionierter Radfahrer, dass man den Berg gar nicht mit motorisierten Fahrzeugen erklimmen darf. Also geht es, als der Regen etwas nachlässt, in die andere Richtung und wir besuchen Wernigerode, das andere Schmuckstück mit renovierten Fachwerkhäusern und hoch liegendem Schloss.
Nach 118 Tageskilometern kehren wir am Spätnachmittag „zuhause“ wieder ein.
Dienstag, 06.07.2021
Heute Morgen blinkt und blitzt die Sonne wieder aus voller Kraft. Wieder ein Frühstück in einem (anderen) Café auf dem Marktplatz und um 9:30 Uhr geht´s los gen Süden. Das heutige Ziel sind die berühmten Kurven um den Kyffhäuser. Auf dem Hinweg fahren wir auch durch Stolberg mit seiner entzückenden Altstadt und einem wirklich beachtlichen Schloss.
Während Martin die Serpentinen des Kyffhäusers durchtanzt, wie es sich gehört, spiele ich Verkehrshindernis für einen bayrischen Erlkönig, der hier auch das Kurvenfeeling ersehnt. Wenn auch langsam, fahre ich wenigstens gleichmäßig ohne zu viel Bremseinsatz. Üben üben üben …
Oben angekommen, stellen wir die Moppeds ab und steigen weiter hinauf zum Barbarossadenkmal.
Kaum haben wir Stunden später die Kurven hinab wieder absolviert und eine Tanke angefahren, um den Durst der Pferdchen zu stillen, fängt es wieder an zu pladdern … und hört nicht wieder auf. Also begeben wir uns regenungeschützt (die Regenjacken und – hosen liegen in der Ferienwohnung) auf den Heimweg Richtung Norden und kreuzen die Selke mehrfach.
Pitschnaß kommen wir nach 137 Tageskilometern in der Unterkunft an. Nach einer ausgiebigen Dauerwarmdusche fühlt man auch wieder seine Fingerspitzen prickeln.
Für den Abend bestellen wir einen Tisch in der Weinstube des Romantikhotel am Brühl, einem Spitzenrestaurant, das wir vor zehn Jahren mal durch einen Zufall kennengelernt haben.
Mittwoch, 07.07.2021
Wir wollen auch den „Westharz“ erkunden und da damit eine größere Etappe bevorsteht, fahren wir heute auf einem Mopped und ich darf wieder mal entspannte Sozia sein.
Es geht nach Goslar und wir erkennen durchaus einen ziemlichen Unterschied, was den denkmaltechnischen Umgang mit den alten Häusern angeht. Hier im ehemals westlichen Teil des Harzes und ehemaligem Zonenrandgebiet, sind viele der mittelalterlichen Fachwerkhäuser ab dem ersten Stockwerk fein hergerichtet. Doch das Erdgeschoss ist durchweg „entkernt“ und mit großen Schaufensterscheiben dem Konsumgeschehen geopfert worden.
Ein Eis auf dem Rathausplatz und die (Außen-)Besichtigung der Kaiserpfalz beschließen unseren Goslarbesuch. Wir besuchen anschließend die hübsche Stabkirche in Hahnenklee, die die Taufkirche der beiden großen Enkeltöchter vor 8 bzw. 6 Jahren war.
Erschreckend erblicken wir große Flächen von abgestorbenen Wäldern und lesen später nach, dass ein großes Fichtensterben Folge des Klimawandels ist und es keine Lösung momentan gibt.
Dann geht es nach Sankt Andreasberg, wo Martin als Kind mit den Eltern und der Schwester in einem Sommerurlaub war und das Drehort eines von uns beliebten Krimis ist. Ein typischer Bergbauort, die Straßen führen steil bergauf und bergab, die Häuser sind weitgehend mit Schieferplättchen gegen die Witterung bewehrt.
Unser Heimweg geht durch Braunlage und Schierke. Endlose Heideflächen mit fuchsiafarbenen Fingerhüten und ein Himmel mit Fantasiewolkenformen begleiten die Fahrt.
Abends geht es nach 175 Tageskilometern in das Quedlinburger Tapaslokal.
Donnerstag, 08.07.2021
Wieder wechselhaftes Wetter, wieder zwei Moppeds. Wir sehen uns Gernrode an und von außen die Schlossanlage in Ballenstedt. Wir suchen nach einem ehemaligen Motorradfahrerhotel, das in der Nähe von Ballenstedt ein skurriles Objekt war. Das ist aber mittlerweile zu und die Pächter haben ein neues Haus belegt.
Über kleine und kleinste Straßen zuckeln wir in einer Südwestkurve bis Sangerhausen, wo uns mittags wieder mal der Regen erwischt und wir auf die Terrasse eines griechischen Lokals unter einen riesigen Schirm flüchten. Wir essen das falsche und zu viel davon, was uns nachhaltig Bauchschmerzen macht. Sangerhausen, nicht im touristischen Hotspot, zeigt noch viel, wie man sich ehemalige DDR-Städte vorstellt.
Ansonsten gibt es viel Zeit zum Üben, Üben und Üben ….
Nach 155 Tageskilometern diesmal mit Regenjacke bewaffnet zurück in Quedlinburg.
Freitag, 09.07.2021
Ganzer Tag Regen. Keine Moppeds bestiegen. Stattdessen in Regenpausen durch Quedlinburg getapert und die noch uninspizierten Ecken beguckt. Relaxt und ausgeruht für die morgige Heimfahrt.
Samstag, 10.07.2021
Appartement besenrein übergeben, Moppeds gepackt. Um 9 Uhr starten wir bei Sonnenschein den Heimweg nach Berlin. Wir strolchen wieder über kleinste Straßen und sind beeindruckt von der satten Magdeburger Börde mit ihren Getreidefeldern. Die eine und die andere Burg winkt uns von Hügeln zu. Bei Rogätz geht es mittags wieder mit einer Fähre über die Elbe.
Nach 250 Tageskilometern kommen wir müde, aber zufrieden wieder zuhause an.
Fazit:
Es war eine ganz andere Reiseart als wir sie bisher praktizierten. Bisher waren die Kombis mit den Moppeds: im Anhänger, aufm Campingplatz oder von Hotel zu Hotel. Jetzt hatten wir eine feste (feine, saubere, geräumige) Unterkunft und sind von dort aus in alle Himmelsrichtungen ausgeschwärmt. Wir fanden es toll und hatten unglaubliche Erholung dabei. Aber natürlich auch, weil die Stadt Quedlinburg keine Wünsche übrigließ, was die kulinarische Abendgestaltung betrifft.