Sonntag, 21. Oktober 2018
Herbstnachmittag, leichter Regen, wenig Menschen auf den Straßen und kaum entchiffrierbare Straßenschilder und Plakate: so begrüßt uns Budapest – noch nicht hinreichend begeisterungswürdig.
Wir sind gestern früh, nach äußerst arbeitsreichen Wochen und mit einem großen linken Zeh auf den zwei Tage zuvor eine volle 1 Liter Glasflasche Öl gefallen ist, von Berlin mit unserem Jimny aufgebrochen zum Bildungsurlaub nach Ungarn.
Nachdem wir gestern an Dresden vorbei, durch das wunderschöne Südböhmen in Tschechien gefahren und dann im Waldviertel in Niederösterreich gelandet sind, haben wir in der Stadt Horn im vorgebuchten „Kunsthaus“, der ehemaligen klosterähnlichen Piaristenschule aus dem 16.Jahrhundert. Abends sind wir dann sehr köstlich und fein „gourmentieren“ gegangen im Öhlknechtshof.
Die bis Budapest verbleibenden 325km haben wir dann heute locker runtergerissen – wie so oft üblich bei einem spannenden Hörbuch.
Wir kommen am Frühnachmittag in Budapest im Hotel an, checken ein und erkunden die nähere Umgebung. Wie gesagt, regnerisch, menschenverlassen, oll.
Am Abend lernen wir die Gruppe und die Leiterin Eszter kennen. Erster Eindruck, jooo geht schon.
Später gehen wir im Restaurant des Hotels essen, nicht übel, sogar ganz passabel: Barbecue und Parpadelle, nette Bedienung. Gegen 22Uhr haben wir alles intus, was uns bekommt und verziehen uns zur Nachtruhe aufs Zimmer.
Montag, 22. Oktober 2018
Heute geht´s richtig los. Nach opulentem Frühstücksbuffet gibt´s erstmal vier Stunden Seminareinheit „Einführung in die ungarische Politik/Geschichte/Gesellschaft/Tradition etc.“, interessant, kontrovers und langsam lernt man die unterschiedlichen Positionen der Gruppenmitglieder kennen. Noch ist alles verhalten/vorsichtig und die Gruppenleiterin bemüht sich redlich um wertneutrale Darstellungen.
Mittags gehen wir dann los zur U-Bahn und fahren zum Parlament, um dort an einer Führung in deutscher Sprache in den Innenräumen des Parlaments teilzunehmen. Die lokale Führerin der Gruppe leiert ihren Text herunter und führt unsere Gruppe durch die imposanten Gänge und Räume des Gebäudes.
Schön, interessant und gleichzeitig belanglos.
Unsere Gruppe löst sich auf und wir fahren mit der Straßenbahn entlang der Donau bis zur Freiheitsbrücke. Laufen dann durch die Fußgängerzone hier entlang und dort entlang und begucken die große imposante Markthalle, in der schon alles zu dieser Uhrzeit beim Abbau ist.
Dann geht es mit der Straßenbahn über die Freiheitsbrücke und bald wieder zurück. Hinein ins ehemalige jüdische Viertel, an der prächtigen Synagoge vorbei, durch die Gassen … wir nehmen einen perfekten Negroni in einer Bar und laufen dann beschwingt weiter. Wir finden dann ein krass chices jüdisches Lokal und genießen ein prächtiges Mahl.
Anschließend laufen wir eine gute halbe Stunde heimwärts durch die Gassen und landen bereits um 21Uhr im Hotel wieder an.
Dienstag, 23.Oktober 2018
Heute ist in Ungarn Nationalfeiertag – einer von dreien, die sie hier haben (die anderen beiden sind am 15.März und am 20.August). Alle Geschäfte haben zu, dafür alle Museen freien Eintritt.
Unsere Gruppe macht heute eine Stadtführung mit einer redegewandten, kompetenten Guide. Wir laufen von 9Uhr morgens bis Nachmittag um 17Uhr durch Pest und Buda und erfahren viel von den geschichtlichen und kulturellen Umbrüchen in Budapes(ch)t – angereichert mit etlichen Anekdoten.
Mittags pausiert die ganze Gruppe in einem vorbestellten Lokal und wir haben Gelegenheit, wieder ein bisschen warm zu werden. Draußen war es heute trotz zumindest vormittäglicher Sonne ganz schön kalt (ca. 12° C) und beim Herumstehen während der Erklärungen fror man doch ganz schön durch.
Die Stadtführung endete hoch oben auf dem Burgbezirk von Buda bei der Matthiaskirche. Wir beide stapfen dann viele Treppenstufen wieder hinunter in Richtung Donauufer, wärmen uns dann nochmal auf bei einem Irish Coffee und fahren abschließend mit der U-Bahn zurück zum Hotel. Dann geht´s erstmal in die heiße Badewanne.
Mittwoch, 24. Oktober 2018
Ein windiger, regenreicher Tag beginnt. Unser Seminarvormittag heute ist geprägt von Diskussionen und Vorträgen: Reflexion des Vortags, dann Beitrag eines hageren, ungarischen Juristen zur „illiberalen Demokratie und dem autoritären System“, dann ein weiterer von einer Vertreterin der Roma, selbst Roma-Angehörige, Aktivistin, Journalistin. Mich lässt das ziemlich frustriert zurück, hätte gerne noch andere Fragen gestellt …
Der Regen hat sich zurückgezogen, die Sonne versucht sich. Nach einer verhältnismäßig kurzen Pause geht es weiter en groupe mit ÖPNV zu einer NGO, die sich besonders dem Umweltschutz widmet. Der sehr sympathische Vortragende Gabor verdeutlicht in englischer Sprache die aus seiner Sicht bedeutsamen Ankerpunkte. Die rege anschließende Diskussion beendet den Seminartag.
Wir beide hübschen schmeißen uns zunächst in ein Café, stärken und erleichtern uns.
Dann geht es nochmals zur Markthalle und von dort zur Kettenbrücke und wieder hinauf mit dem Bus zur Burg und zur Fischerbastei.
Wir erkunden die kleinen Gassen und tappeln dann wieder runter zur Donau. Mittlerweile rollen der Abend und die Kälte an. Wir fahren mit den verschiedenen Straßenbahnen bis zur, und dann über, die Freiheitsbrücke bis zum Astoriaplatz und laufen wieder hinein ins jüdische Viertel.
Aperitivo und anschließendes Abendessen vervollkommnen den Abend. Heimwärts geht´s per Bus und zu Fuß: Ende gegen 21 Uhr. Genug!
Donnerstag, 25. Oktober 2018
Nach dem Frühstück geht es erst einmal in die Reflexionsrunde zum vergangenen Tag. Nach einer knappen Stunde bricht die Gruppe wieder auf, um mit den öffentlichen Verkehrsmitteln (U-Bahn und Straßenbahn) nach Buda und zur ungarisch-deutschen Handelskammer zu gelangen. Dort trägt uns der Geschäftsführer der Kammer, Gabriel Brennauer, seine Sicht auf die wirtschaftlichen Verstrickungen und Strategien vor. Man kommt in den Austausch. Die Reaktionen auf den Gastgeber und seine Ausführungen sind durchaus unterschiedlich.
Wir beide amüsieren uns über die Mittagszeit im nahegelegenen Einkaufszentrum Mammut: leckeres Asiafood, aber ansonsten juckelt uns das dortige kommerzielle Angebot nicht sonderlich an.
Wir fahren dann mit der Straßenbahn wieder hinüber nach Pest und werfen noch einen Blick auf das (teure! und aber auch schöne) Café New York, um uns dann wieder mit der Gruppe zu vereinen.
Nun geht es hinab in einen Keller und dort führt uns ein führender Politiker der neuen Partei Momentum ein in die Absichten der liberalen Partei. Der junge attraktive Mann spricht gut Deutsch und versucht die Anliegen der Partei und ihrer Vorgehensweisen zu erläutern. Auch hier ist die Gruppe wieder gespalten in ihrer Urteilsbildung.
Ein gemeinsames Abendessen ist für den heutigen Abend geplant und die Gruppe trifft sich im „Kaltenberg“, einem traditionellen Lokal. Es war okay, was die Qualität des Essen betrifft. Kritisch betrachtet werden könnte die Sichtweise auf die zwangsweise dargebotene Zigeunermusik und die Abzocke nach Rechnungsstellung auf ein Plus von 27 % Konsumsteuer.
Die Stimmung in der Gruppe ist gut. Alle zusammen ziehen heimwärts und kommen heile im Hotel an.
Freitag, 26.Oktober 2018
Letzter Tag der Bildungsreise. Am Vormittag kommt ein Referent der Friedrich-Ebert-Stiftung. Er gilt als Experte für Viktor Orban. Gut 50 Minuten textet der Herr uns voll: manche finden´s spannend, interessant – andere eher nervend und nicht überzeugend. Eine Diskussion über die Thesen des Vortragenden schließt sich leider nicht an.
Damit aber bleibt „freie Zeit“ und wir beide flanieren vom Oktogon-Platz über die Prachtstraße Andrássy. Mittags geht´s dann mit der ganzen Gruppe mit U-Bahn und Straßenbahn ganz in den Südwesten von Buda. Dort besuchen wir „Civil-Radio“, einen Sender für und von kommunalen Machern, der von Jahr zu Jahr um´s Überleben (gegen die rigiden staatlichen Verordnungen) kämpft.
In dem dem Sender zugehörigen Café sitzen wir dann noch zu einer Auswertungsrunde zusammen, verabschieden uns voneinander und bedanken uns bei unserer reizenden Reiseführerin Eszter.
Zurück geht´s dann wieder mit der Straßenbahn über die Freiheitsbrücke in den Pest´er Teil. Noch einmal durch´s jüdische Viertel, ein Aperol Sprizz zum Abschluss und ein dicker Burger draußen unter Heizpilzen in der Nähe des Oktogon.
Wir sind früh zurück im Hotel und stimmen uns schon mal seelisch auf unsere Weiterfahrt nach Rumänien ein.
Samstag, 27. Oktober 2018
Früh aufgestanden und im Hotel gefrühstückt. Von den Teilnehmenden der Gruppe, die heute früh noch da sind, verabschieden wir uns noch einmal und fahren dann los gegen 8:30Uhr. Wir verlassen Budapest in südöstlicher Richtung, entlang von unansehnlichen Wohngebieten. Nach gut zwei Stunden kommen wir an die rumänische Grenze, kaufen die Vignette und wehren einen alten Zigeuner ab, der die Autoscheiben putzen will und bettelt (wie in Berlin!).
Wilde Hunde suchen auf den wenigen Autobahnparkplätzen die Nähe der Parkenden – auffällig sind die mit dicken, blanken Zitzen beschwerten weiblichen Hunde, die hier betteln.
Wir hören unser spannendes Hörbuch weiter – nachdem die Schwierigkeiten mit der versehentlich angeklickten Zufallsauswahl behoben sind – und kommen am frühen Abend im Ibis-Hotel in Sibiu an. Unser Zimmer befindet sich im 14.Stock mit Blick über Hermannstadt. Die kleinen „Malessen“ – der Fernseher ohne Ton und der sich nicht schließen lassende Safe wegen minderstarken Batterien werden fix di hoppsti behoben: ein Techniker, bewaffnet mit Akkuschrauber, kommt und tauscht einfach den ganzen Fernseher gegen einen neuen aus und wirft frische Batterien in den Safe.
Es ist spätsommerlich warm, 18°C, die Straßen der Altstadt sind voll mit Menschen aller Altersklassen. Der erste Eindruck der abendlichen Stadt: aufgeräumt, sympathisch und hochherrschaftliche Häuser und Plätze – alle super hergerichtet. Wir finden ein hübsches Lokal und speisen – wie meist auf dieser Reise – ausgesprochen gut.
Sonntag, 28. Oktober 2018
Heute Nacht war die Zeitumstellung auf Winterzeit. Wir müssen jetzt erst mal gar nichts ändern an unseren Uhren, da hier ja osteuropäische Zeit ist und die eine Stunde nach der unsrigen ist. Uns wird dann die Uhrumstellung erst auf unserem Heimweg gen Norden treffen.
Es ist schon morgens „voll warm“, ca. 23°C, und Sonne. Welch´ ein Geschenk Ende Oktober.
Nach dem reichhaltigen Frühstück machen wir uns auf mit dem Jimny gen Osten auf die Nationalstraße M1. Nach 40km biegen wir ein auf die 7C, die Zufahrt zum Transfogarascher Höhenweg durch die transsylvanischen Alpen. Immer kurvenreicher schraubt sich der Höhenweg hinauf bis auf über 2000m. Die Ausblicke auf die buntgefärbten Buchenwälder im herrlichen Sonnenschein geben der guten Stimmung noch einen Kick.
Viele rumänische Familien sind an diesem Sonntag auch unterwegs. Oben auf 2050m am Lac Bálea, dem größten der über 50 Gletscherseen im Fagaras-Gebirge, schnattern die Ausflügler gut gelaunt durcheinander und machen Selfies.
Von hier aus geht es in einen langen Tunnel hinein und ab hier bergab gen Süden. Am beschaulichen Stausee Lac Vidraru kreuzt unser Weg den Trans-Euro-Trail und wir fahren offroad entlang des Seeufers ein Stück davon – mitten durch leuchtendes Buchenlaub.
Am Ende des Transfogarascher Höhenwegs wollen wir einen Abstecher in Richtung Osten nehmen – als vermeintliche Abkürzung. Nachdem wir erst lange Zeit einem Schäfer und seiner Herde hinterher geschlichen sind, können wir abbiegen, steil bergauf, über Holter und Polter und arg grobes Gestein. Aber zu lange machen wir das nicht, weil die Dunkelheit bald kommen will und es doch zu riskant ist, als Einzelfahrzeug sich hier durchzuprobieren.
Wir kehren also um, stolpern wieder hinab und bestaunen die zahlreichen „Kaspertheater“ am Rande der Straße.
Angekommen an der „Hauptstraße“ in Richtung Sibiu (zumindest sagt Google Maps das so), stellen wir fest, dass alle weiterführenden Straßen ungeteert sind, dass sich Dorf an Dorf reiht – ohne nennenswerte Grünteile dazwischen - und die rumänischen Dorfbewohner gerne vor ihren Häusern auf am Bankerl mit ihren Nachbarn ein Schwätzchen zum Feierabend halten. Alles sehr hübsch anzuschauen, aber schwer ertragbar bei voller Blase (Pinkelpause nicht möglich!) und ununterbrochenem Gerumpel. Durchschnittliche Fahrgeschwindigkeit liegt bei ca. 30km/h.
Endlich, endlich nordwestlich von Calimanesti (einem eigentlich tollen Kurbad – wenn man noch Nerven hätte) enden die angeblichen Hauptstraßen und wir, die Offroadliebhaber, bekommen endlich Asphalt unter die Füße.
Mittlerweile ist es stockdunkel und wir donnern kurvenreich bei fehlender Straßenbeleuchtung das Tal des Olt kamikazeartig und ziemlich k.o. gen Sibiu. Dieses Abendessen heute haben wir uns redlich verdient.
Montag, 29. Oktober 2018
Heute geht es ein ganzes Weilchen nach dem Frühstück in Richtung „Hausberg“ von Sibiu, dem Michelsberg (Cisnadioara). Bald nach Sibiu, in östlicher Richtung, hinter dem Zoo, auf der Ausfallstraße, kommen wir nach Rasinari und von dort geht es schnell über Serpentinen hinauf ins Cindrel-Gebirge . ABER wir haben ein Handicap: zu wenig Benzin, haben vergessen zu tanken! Damit sind wir etwas verunsichert, ob unser Restbenzin reicht, auf Offroadwegen das Gebirge zu durchstromern. Zunächst versuchen wir das auch anzugehen, als aber dann nach einigen Kilometern die Warnlampe für den Kraftstoffvorrat anspringt, entschließen wir uns doch umzukehren.
Wir poltern den steinigen Weg zurück und dann hinab auf Asphalt bis Sibiu.
Wir tanken und werfen uns dann ins gigantische Carrefour vor der Stadt. Auf dem Rückweg zum Hotel versuchen wir eine Waschanlage für den Jimny zu finden, was sich als schwierig erweist. Es scheint in Rumänien nicht üblich zu sein, dass große Tanken auch Waschanlagen haben. Wir finden dann in einer Nebenstraße eine Autowäscherei und die dort arbeitenden Männer finden´s äußerst merkwürdig, dass Martin seinen Jimny selbst abspritzt.
Da wir bereits am Nachmittag zurück sind, gehen wir noch bei Tageslicht in die Stadt hinein, um ein paar Fotos von Hermannstadt zu machen und ein wenig shoppen zu gehen.
Wir beschließen den Nachmittag mit einem Cocktail und einer Besteigung der 192 Stufen des Turms der evangelischen Pfarrkirche (am nächsten Tag werden wir schrecklichen Muskelkater haben!).
Zum Essen besuchen wir dann die Pivnita de vinuri, ein Weinkeller mit exzellenter Küche und Wein
Dienstag, 30. Oktober 2018
Jeden Tag wird es wärmer: schön verrückt! Heute 25°C. Wir unternehmen einen Ausflug nach Transsylvanien und wollen uns die Kirchenburgen ansehen. Die Kirchenburgen wurden im 16. Jahrhundert zur Verteidigung und dem Schutz der dörflichen Bevölkerung vor den Feinden gebaut. Viele dieser Kirchenburgen sind auch heute noch sehr ansehnlich. In Siebenbürgen gibt es ca. 150 von ihnen, sieben gelten als UNESCO-Weltkulturerbe.
Von Sibiu geht es nördlich Richtung Mediasch. Und schon vor diesem mittelalterlichen Städtchen befindet sich eine der bekannteren Kirchenburgen in „Wurmloch“ (so der deutsche Name des Örtchens). Wir laufen einmal um das alte Bauwerk herum und machen ein paar Fotos. Der noch zögerliche Beschluss, vielleicht doch die Burg von innen anzuschauen, wird durch den gellenden Alarmton vereitelt als wir die Klinke zum Eingang drücken.
Die Dörfer, die entlang unserer Route liegen, sehen einander ziemlich ähnlich: niedrige Häuser, bunt angemalt, jedes Haus hat in der Mitte ein riesiges, geschlossenes Tor (dahinter verbirgt sich der Garten?), durch die Dorfstraßen tappeln Pferdegespanne auf dem Weg zum Feld …
In Mediasch parken wir am Eingang des „Centru istorico“ und laufen ein wenig durch den hübschen Flecken. Die Einwohner scheinen Touristen keine besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Einmal, als wir versehentlich durch ein privates Grundstück laufen, spricht uns ein Herr an – als wir nicht verstehen, wiederholt er seine Rede auf Deutsch … Erstaunlich, dass sich hier mitten in Rumänien Deutsch so erhalten hat.
Unsere Fahrt geht weiter über Biertan nach Sighisoara/Schässburg. In Biertan, einem winzigen, idyllischen Ort, gibt´s eine wunderbare Kirchenburg zu besichtigen.
Als wir in Schässburg ankommen, ist´s bereits halbvier. Wir laufen einmal durch die Oberstadt, die mit Rothenburg ob der Tauber verglichen wird (naja … ).
Unser Heimweg zieht sich dann über Agnita noch rund 60km bis Sibiu. Viele weitere Kirchenburgen, bezaubernde Ausblicke auf gelbe Wiesen, Schafherden, abgewirtschaftete alte Strommasten …
Es ist schon dunkel draußen als wir bei noch immer 24°C in Sibiu ankommen um kurz nach 18Uhr.
Mittwoch, 31.Oktober 2018
An unserem letzten Tag unternehmen wir eine Tour ins ehemalige Bergbaugebiet bei Eisenmarkt. Die eigentlich unattraktive, an sozialistische Zeiten erinnernde Architektur der Stadt wird ausgeglichen durch – bereits im Reiseführer angekündigt – das monumentale Draculaschloß Corvinesti am Stadtrand. Das ehemalige Castrum aus dem 14. Jahrhundert erhebt sich mit voller Macht gegen die Sonne und verkörpert die Burgbaukunst der damaligen Zeit. Passend zum heutigen Halloween ist im Schloss ein Saal mit blutroten Tischüberwürfen und Hussen eingedeckt – vielleicht eine Gruselparty heute Abend?
Wir besichtigen die Anlage treppauf und treppab stapfend – immer gegen unsere Muskelkaterschmerzen in den Oberschenkeln ankämpfend – und sind ganz beeindruckt, ob der Weitläufigkeit und dem Erhaltungszustand.
Dann geht es weiter südwestlich hinein ins Bergbaugebiet. Heutzutage liegen alle Produktionsstätten natürlich brach, aber der marode Charme der von dem alten Hochofen und der zerfallenen Bahnlinie ausgeht ist bezaubernd. Hinweistafeln in dem Gebiet verdeutlichen, welche der aufgelassenen Wege für welche Begehungs- und Befahrungsarten geeignet sind (wandern, ATV; Enduros, 4x4). Schönes Offroadparadies.
Wir kommen mit Einbruch der Dunkelheit wieder in Sibiu an und der freundliche Parkwächter des Hotels weist uns auch gleich einen Parkplatz zu.
Das letzte Abendmahl in Sibiu für dieses Mal gibt´s nochmal in dem schönen Weinkeller – wir sind diesmal die einzigen Gäste.
Bonmot am späteren Abend: Telefon im Hotelzimmer klingelt um 22.30Uhr und ein Typ von der Rezeption ist dran und bittet dringlich drum, die Rechnung NUN SOFORT zu begleichen, weil ja der Monat zu Ende geht … Okay, dann nochmal rein in die Jeans und die Schuhe und mit der Kreditkarte zur Rezeption.
Donnerstag, 1. November 2018
Ein letztes Mal zum Frühstücksbuffet getapert und denn los von Sibiu am Morgen. Wir finden dann doch noch die neue A1 und düsen bis kurz vor Deva – da ist die Autobahn zu Ende bzw. noch nicht freigegeben. Wir wackeln weiter auf der Landstraße und verpassen zwischen den vielen Baustellen und Ampeln und dem Hörbuch dann doch die Auffahrt zur fortgesetzten A1.
Zunächst ärgern wir uns, beschließen dann aber doch hier weiterzufahren bis … wir Wegelagerern in Polizeiuniform in die Hände geraten. Zu schnell gefahren, sagen die Wegelagerer. Drei Punkte, sagen die Wegelagerer. 500 Lei wollen sie haben. Haben wir nicht (mehr).
Der Kopf wird hin und her gewogen, die mildherzigen Wegelagerer lassen Gnade vor Recht ergehen und nehmen „nur“ die Hälfte von unserem rumänischen Geld in bar, verzichten auf eine Quittung und wünschen uns eine gute Reise. Wir winken den modernen Robin Hoods dann doch nicht noch zum Abschied. Ein Schelm der Böses dabei denkt.
86km später können wir dann – nach totaler Beachtung jedes einzelnen Geschwindigkeitsbegrenzungsschildes unterwegs – endlich die Landstraße verlassen und düsen über die A1 hinaus aus Rumänien und hinein nach Ungarn. Einmal quer durch und nach Österreich hinein. Am Neusiedler See finden wir dann das nette Hotel Leiner und ein nicht gerade preiswertes, aber sehr gutes Restaurant. Und entdeckten das für uns neue Wort „pannonisch“ – was sich auf das mediterrane Klima/Lebensgefühl im südliche Ostmitteleuropa, nämlich hier, bezieht.
Freitag, 2. November 2018
Heimfahrtag 2 wird eingeläutet mit dem Besuch des nahegelegenen Outletcenters Parndorf. Myriaden von slowakischen, ungarischen und österreichischen Kauflustigen gucken genau wie wir nach den schönsten Schnäppchen. Stunden später, mit etlichen Papiertüten in den Händen geht´s zurück zum mittlerweile überfüllten Parkplatz. Dann liegen noch gute 750km und 9,5 Stunden (mit Pausen) vor uns bis wir Berlin erreichen.